Fluviatile und äolische Prozesse und Formen

1 Gestein zerkleinern

Zwei große Kräfte treiben die Prozesse auf der Erde an. Einerseits sind dies die von der Sonne angetriebenen Energiesysteme, die man unter dem Begriff exogenes System zusammenfasst, andererseits die Prozesse, die durch das geologische System der Erde angetriebene werden, das sogenannte endogene System. Eine bedeutende Rolle bei der Zerkleinerung und Fragmentierung des Gesteins auf der Erde kommt der Gravitation zu, die man auch zu den exogenen Kräften zählt. Die Schwerkraft ist allgegenwärtig. Übersteigt sie die Kraft, die einen Boden oder ein Gestein zusammenhält, kommt es zu sogenannten gravitativen Massenbewegungen, die Erde gerät – mit mal mehr, mal weniger großer Geschwindigkeit – ins Rutschen oder Fallen. Vor allem, wenn es um Gestein geht, das in Bewegung gerät, muss vorausgesetzt sein, dass dieses schon vorher zumindes grob fragmentiert wurde – ein ganzer Berg fällt schließlich nicht einfach um.
Eine solche Zerkleinerung des Gesteins kann physikalischer oder chemischer Natur sein – in beiden Fällen spricht man von Verwitterung. Das Produkt einer solchen Verwitterung ist eine lockere Schicht, die sich über dem festen Gestein, dem sogenannten Anstehenden ansammelt. Man bezeichnet eine solche Schicht aus groben Lockermaterial als Regolith. Am Regolith können nun äolische, fluviatile, glaziale oder periglaziale Prozesse ansetzen, die Mineralpartikel verlagern. Man spricht nach einer solchen Verlagerung von Sedimenten. Aus Regolith und Sediment kann schließlich ein Boden entstehen.

 

 

2 Physikalische Verwitterung

2.1 Frostverwitterung

Besonders in Regionen mit kalten Wintern spielt die Frostverwitterung eine herausragende Rolle, also zum Beispiel in Gebirgen oberhalb der Baumgrenze. Voraussetzung ist ein häufiger Wechsel von Frost- und Auftauprozessen. Wasser, das in kleine Risse in Gestein eindringt, kann durch das Wachstum von Eiskristallen beim Gefrieren eine enorme Wirkung erzielen, denn gefrierendes Wasser kann eine Volumenzunahme von bis zu 9% erreichen. Solche kleinen Risse und Klüfte finden sich überall in Gestein. Sie entstehen durch Temperaturschwankungen, durch hohe Drücke/Druckentlastungen oder bei gravitativen Massenbewegungen.
Durch Frostverwitterung kommt es häufig zur Absprengung ganzer Blöcke. Man spricht entsprechend vom Blockzerfall. Hat vorher schon chemische Verwitterung am Gestein stattgefunden und werden Mineralkörner durch Frostverwitterung abgetrennt, spricht man von Vergrusung, es entsteht grober Sand.
Innerhalb des Bodens oder des Regoliths gibt es verschiedene Prozesse, die durch gefrorenes Wasser hervorgerufen werden können. So gefriert z.B. in schluffigen oder sandigen Sedimenten Wasser in horizontalen Schichten und bildet dort Eislinsen. Durch die Volumenzunahme wird der Boden bzw. das Regolith angehoben. Ein ähnlicher Prozess bezeichnet man als Nadeleis. Wegen seiner Form wird es manchmal auch Kammeis genannt. Es handelt sich dabei um Wasser, das beim Gefrieren wie Nadeln nach oben aus dem Boden wächst. Auch sie können Sedimente, das Regolith oder den Boden anheben.

2.2 Salzverwitterung

Bewirkt bei der Frostverwitterung die Volumenzunahme des Wassers beim Gefrieren eine Sprengung des Gesteins, so liegt dies am Wachsen der Eiskristalle. Auch Salzkristalle können in trockenen Klimaten eine ähnliche Wirkung entfalten. Besonders an Sandstein greift die Salzverwitterung an. Sie ist aber prinzipiell überall dort möglich, wo Wasser verdunstet. Selbst während langer Trockenperioden kann es zu Saltzverwitterung kommen, wenn Kapillarkräfte dafür sorgen, dass Wasser aus dem Inneren der Gesteine dringt. Dabei lösen sich bei der Verdunstung im Wasser enthaltene Mineralsalze heraus. Dazu gehören NaCl (Halit), CaCl2 (Carbonat) oder Gips. Bei der Salzverwitterung entsteht Sand, der später durch fluviatile oder äolische Prozesse umgelagert werden kann. Die Salzverwitterung und die damit einhergehende Salzsprengung sind typisch für aride und semiaride Klimate; in humiden Klimaten spielt sie dagegen keine Rolle, da die im Wasser gelösten Mineralsalze als Lösung ins Grundwasser verlagert werden.

2.3 Druckentlastung

Entsteht ein Gestein in großer Tiefe, wie dies z.B. bei metamorphem Gesteinen der Fall ist, die bei großen Temperaturen und Drücken entstehen, und gelangt an die Oberfläche, dann kommt es aufgrund der Druckentlastung zu einer Dekomprimierung des Gesteins. Es kommt zur Exfoliation, einem Prozess, bei dem sich Gestein schalenförmig ablöst, er zu markanten Kuppenformen führt.

2.4 Insolationsverwitterung

Auch durch Temperaturwechsel durch Sonneneinstrahlung kann es zu Verwitterung kommen. Da sich Körper bei Hitze ausdehnen und bei Kälte zusammenziehen, bewirkt die Sonneneinstrahlung am Tag und die Abkühlung bei Nacht bei vielen Gesteinen Dehnungs- und Kontraktionsprozesse, bei welchen sie zerfallen. Aber nicht nur durch die Sonne ausgelöste Temperaturunterschiede können die Ursache für eine solche Fragmentierung sein, auch Feuer und Waldbrände können eine Rolle spielen.

3 Chemische Verwitterung

Die chemischen Zerfallsprozesse, die zu einer Gesteinsfragmentierung und Regolithbildung führen sind im Wesentlichen:

Die chemische Verwitterung setzt vor allem in warmen Klimaten ein, da Wärme chemische Prozesse generell begünstigt. Daher verwittern besonders im tropischen und subtropischen Bereich Gesteine auf diese Weise – oft bis zu einer Tiefe von 100m. Verwitterungschichten, die aus chemisch verwittertem Gestein bestehen, nennt man Saprolith.
Die Hydrolse nennt man auch Silikatverwitterung, denn bei ihr werden Silikate umgewandelt. Bei der Hydrolyse werden Kationen eines Minnerals, die dem Gestein seine feste Struktur geben, durch Wasserstoffionen (H ) ausgetauscht.
Eine besonders auffällige Form der chemischen Verwitterung ist die Wollsackverwitterung. Dabei zerlegt die Hydrolyse Granit in seine Mineralkörner. Da dies vorrangig an schon vorher vorhandenen Klufträndern geschieht, entstehen abgerundete Blockformen, die an mit Wolle gefüllte Säcke erinnern. Auch in vielen Wüsten kann man diese Formen beobachten – ein Hinweis darauf, dass selbst hier genügend Wasser für die Hydrolyse zur Verfügung steht.

3.1 Kohlensäureverwitterung

Gelöstes CO2 ist in unterschiedlichen Konzentrationen in natürlich vorkommendem Wasser enthalten – auch in Flüssen oder im Regen. CO2 ist vor allem Bestandteil der uns umgebenden Luft. Wird CO2 z.B. durch Regen, also durch H2O aus der Luft gelöst, entsteht Kohlensäure. Trifft kohlensäurehaltiges Wasser auf ein Carbonatgestein (Kalk, Marmor, Kreide), löst sich Calciumcarbonat aus dem Gestein, das mit dem Wasser abgeführt wird. Die Kohlensäureverwitterung ist die Grundlage für zahlreiche Landschaftsformen, allen voran des Karstes.
Bei der Kohlensäureverwitterung löst sich also CO2 in H2O und es entsteht Kohlensäure (H2CO3):

CO2 + H2O X H2CO3 X H + HCO3

Wie aus der Reaktionsgleichung ersichtlich, entstehen dabei H -Ionen. Kalk, wie er in der Natur vorkommt, nämlich als CaCO3 ist in Wasser nur schwer löslich. Verbindet er sich allerdings mit den H -Ionen, entsteht Calciumhydrogencarbonat Ca(HCO3)2, das sich in Wasser sehr gut löst. Da diese Reaktion umkehrbar ist, kann der Kalk auch wieder ausgefällt werden.

4 Formen gravitativer Massenbewegungen

4.1 Bodenkriechen

Bewegt sich der Boden oder das Regolith mit der Schwerkraft langsam einen Hang hinunter und wird dieser Prozess nicht durch eine Wassersättigung ausgelöst, handelt es sich um Bodenkriechen. Erkennbar ist das Bodenkriechen meist an schiefen Bäumen, Telefonleitungen oder Zäunen sowie an charakteristischen Verbiegungen, die durch das sogenannte Hakenschlagen entstehen.

4.2 Erd bzw. Bodenfließen

Während beim Bodenkriechen Versatz und Prozesse der Kontraktion und Expansion eine Rolle spielen, handelt es sich beim Erdfließen um eine echte Fließbewegung. Man spricht auch vom Bodenfließen oder von der sogenannten Solifluktion. Zwar verläuft die auf eine Wassersättigung angewiesene Solifluktion nur langsam, es gibt aber gewisse Bedingungen, deren Erfüllung zu einem raschen Fließen des Bodens führen, sodass es zu katastrophalen Folgen kommen kann. Vor allem wenn ein Boden auf einer Tonschicht lagert, kann es zu plötzlichem Erdfließen kommen, da Ton in der richtigen Zusammensetzung über thixotrope Eigenschaften verfügt. Man spricht von sogeannten Schwimmtonen. Thixotropie ist die Eigenschaft eines Materials, bei Belastung an Viskosität abzunehmen, i.e. dünnflüssig zu werden. Schwimmtone sind aus marinen Seesedimenten der letzten Eiszeit entstanden. Zwischen den einzelnen Partikeln solcher Sedimente bestehen relativ große, mit Wasser gesättigte Hohlräume. Vor allem in Kanada, Schweden und Norwegen kam es aufgrund von durch Schwimmtone ausgelöstes plötzliches Bodenfließen zu großen Katastrophen.
In den Permafrostgebieten der Erde kommt es auch zur Gelifluktion. Dabei entsteht zwischen der gefrorenen und der auftauenden Bodenschichts ein Schlammschicht, auf der der Boden mehrere Millimeter pro Jahr entlangfließen kann.

4.3 Muren

Wenn heftige Niederschläge auf Hänge mit wenig festigender Vegetation fallen, entsteht ein Gemisch aus Wasser, Sedimenten und Schutt, das sich in Form einer sogenannten Mure mit hoher Geschwindigkeit den Hang hinunterbewegt. Da das Wasser aufgrund seiner großen Menge nicht mehr aufgenommen werden kann, entsteht eine Suspension, ein Schlamm, der alles mit sich reißt, was ihm in den Weg kommt. Meist folgen die Muren bereits bestehenden Tälern oder sie bilden neue Rinnen. Besonders die Hänge von Vulkanen sind anfällig für Murenbildung, da die dort abgelagerte vulkanische Asche gute Voraussetzungen für eine Schlammbildung schafft. Man spricht dann nicht mehr von einer Mure, sondern von einem Lahar. Ein solcher Lahar war beispielsweise am Untergang Herculaneums beteiligt.

5 Periglaziale Formen

Periglaziale Formen entstehen durch anhaltende Frost-Tau-Zyklen und spielen heute besonders in der vegetationsarmen arktischen Tundra eine Rolle. Der Begriff ‚periglazial‘ bezeichnet „Umweltbedingungen, die durch intensive Frosttätigkeit in der Umgebung der Gletscher und Inlandeisdecken sowie in sehr kalten Gebieten der Erde gekennzeichnet sind“ (Strahler & Strahler 2009:515). Eine große Bedeutung bei der Entstehung von periglazialen Formen kommt dem Permafrostboden bei, also einem solchen Boden oder einem solchen Gestein, der bzw. das mindestens zwei aufeinanderfolgende Jahre gefroren ist. Gute Voraussetzungen für Permafrostböden bieten die Tundra und ein Teil des borealen Nadelwalds. Allerdings gefriert nicht der gesamte Boden, sondern nur der Unterboden. Durch die jahreszeitlichen Temperaturschwankungen taut die oberste Schicht des Permafrostbodens (zwischen 15cm und 4m) auf. Diese Schicht nennt man, active layer oder Auftauboden, die darunterliegende, permanent gefrorene Schicht, Permafrosttafel. Der Auftauboden taut, wenn die Temperatur über 0 Grad steigt, also im Sommer. „Die Auftauzone fungiert als saisonales Aquifer, das heißt, dass sie in den warmen Jahreszeiten als wasserreiche Bodenschicht ausreichend pflanzenverfügbares Wasser besitzt“ (Strahler & Strahler 2009:517). Das Wasser verbleibt entweder in der Auftauzone oder fließt als sogenannter Interflow lateral ab.
Der Permafrostboden bedeckt etwa 20% der Erdoberfläche. Man unterscheidet zwischen solchem Permafrost, der schon seit der letzten Eiszeit bestehet, sogenanntem reliktischem Permafrost und neugebildeten, sogenanntem rezentem Permafrost.
Aber auch in Permafrostböden kommen einzelne Inseln nie gefrierendem Bodens vor. Dies ist vor allem unter Seen der Fall. Da auch unterhalb des immer gefrorenen Bodens eine nicht gefrorene Schicht folgt, können diese Inseln, die man als Talik (Plural Taliki) bezeichnet entweder mit dieser nicht gefrorenen Schicht verbunden sein (der Talik reich also tief) oder nicht. Als Faustregel gilt: Je größer der See, unter dem sich ein Talik bildet, desto tiefer reicht er auch. Siehe dazu Abbildung 1. Ist ein Talik nicht mit dem nicht gefrorenen Boden verbunden und läuft der sich über ihm befindliche See aus, beginnt der Talikboden von oben nach unten einzufrieren. Da sich das Volumen des Eises vergrößert, wird zunehmend Druck auf den Talik ausgeübt, er beginnt sich heben und es ensteht eine konische Form mit Eiskern, die immer weiter nach oben wächst – ein sogenannter Pingo.


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Abbildung 1: Taliki sind entweder nicht mit der ungefrorenen Schicht verbunden oder eben schon


Das Eis im Permafrostboden, besonders im active layer kommt häufig nicht verteilt, sondern konzentriert an bestimmten Stellen in Form von Eislinsen, Eiskeilen oder Adern vor. Taut das Eis im active layer im Sommer auf, sammelt es sich an der Permafrosttafel. Fällt die Temperatur wieder entstehen so typische Linsenformen. In Schottern, Sanden und Schluffen, häufig z.B. in Deltaebenen und Flussauen, entstehen durch die extrem tiefen Temperaturen Risse im Permafrost, die sich beim Auftauen mit Wasser füllen. Gefriert dieses Wasser wieder, vergrößert sich der Riss durch die Volumenzunahme des Eises. Wiederholt sich dieser Prozess, wird der Eiskeil jedes Mal größer – solche Eiskeile haben die Form eines Kegels.
Durch die Volumenvergrößerung beim Gefrieren hebt das Eis den Boden. Dadurch können charakteristische Bodenmuster entstehen, man spricht vom Frostmusterboden; das Verlagern von Boden durch sich ausdehnendes Eis bezeichnet man als Kryoturbation.
Auf dem Permafrost entwickelt sich häufig eine spärliche Vegetation, es entsteht eine Humusschicht, auf der manchmal sogar ein borealer Wald stehen kann. Wird diese Vegetationsschicht durch den Menschen oder durch einen Waldbrand zerstört, taut ein größerer Bereich des Bodens im Sommer auf: „Der Boden sackt zusammen, das Schmelzwasser vermischt sich mit Schluff und Ton zu Schlamm, der leicht von abfließendem Wasser in Rinnen weggeführt wird“ (Strahler & Strahler 2009:522). Ein Prozess, den man als Thermoerosion bezeichnet. Sackt der Boden in einem größeren Bereich zusammen, kann sich in den entstehenden Hohlformen Wasser sammeln – es ensteht ein Thermokarstsee.

5.1 Die Eiszeit

Viele periglaziale Formen entstanden im Zuge großer Vereisungen des letzten Glazials. Die Erde befindet sich seit etwa 30 Millionen Jahren im sogenannten känozoischen Eiszeitalter. Auch, wenn es uns heute sehr warm vorkommt, so befindet wir uns also dennoch in einer Eiszeit. Die Definition von der hier ausgegangen wurde, legt eine Vereisung mindestens eines Pols zugrunde. Definiert man als Eiszeit denjenigen Zeitraum, bei dem beide Pole vereist sein müssen, dann dauert die Eiszeit erst seit etwa 2,7 Millionen Jahren an. Innerhalb der Eiszeiten gibt es allerdings zyklisch wechselnde Kalt- und Warmphasen, die man als Glaziale bzw. Interglaziale bezeichnet. Diese entstehen durch eine Schwankung der Sonnenintensität, man bezeichnet diese zyklischen Schwankungen auch nach ihrem Entdecker, dem jugoslawischen Geophysiker Milutin Milankovic als Milankovic-Zyklen. Drei Ursachen werden heute für diese Klimaschwankungen angenommen:

Die Neigung der Erdachse ändert sich im Laufe der Zeit. Ist die Achse stärker geneigt, führt dies zu wärmeren Wintern. Außerdem ist die Umlaufbahn der Erde um die Sonne kein Kreis, sondern eine Ellipse, die ihre Form langsam ändert. Etwa alle 100000 Jahre ändert sich ihre Form und damit das Klima auf der Erde. Die aktuelle Zeitstufe, auf der wir uns befinden, wird als Holozän bezeichnet. Innerhalb des Holozäns befinden wir uns also gerade in einer Warmphase, einem Interglazial, das seit etwa 10000 Jahren andauert. Die durchschnittliche Dauer solcher Kaltphasen ist mit 10000 bis 15000 Jahren relativ kurz – allerdings wird angenommen, dass das derzeitige Interglazial insgesamt etwa 30000 Jahre dauern wird. Einen großen Einfluss hat natürlich auch die sich ändernde Aufteilung der Landmassen auf der Erde.

6 Geomorphologie – Was ist das eigentlich?

Die Geomorphologie beschäftigt sich mit den Oberflächenformen der Erde. Geformt werden kann diese Oberfläche durch das Wasser (fluviatile Formung), durch den Wind (äolische Formung), durch Schnee und Eis (glaziale Formung) oder durch Prozesse, die in der Umgebung von Vereisunggebieten stattfinden (periglaziale Formung). Die Geomorphologie befasst sich also mit der Entstehung des Reliefs und seiner Systematik. Ausgegangen wird dabei von der relativen Abweichung des Reliefs vom Geoid Erde, die in Höhe über dem Niveau des mittleren Meeresspiegels (Höhe über Normal Null, kurz NN) angegeben wird. Unterscheiden lässt sich dabei grundsätzlich zwischen dem Relief der Landoberfläche (subaerisches Relief) und dem Relief der Meeresböden (marines Relief), insbesondere den Formen der Küste (litorale Formung).
Die Masse der Erde bleibt im Laufe der Erdgeschichte konstant. Ihre Verteilung wird jedoch durch verschiedene Kräfte beeinflusst, die hauptsächlich aus dem Erdinneren kommen, also endogene Prozesse darstellen. Sie sind maßgeblich an der Ausbildung von Höhenunterschieden verantwortlich. Zu den endogenen Prozessen gehören die Tektonik, die Seismik und der Vulkanismus. Alle Prozesse, die nicht im inneren der Erde, sondern außerhalb ablaufen, bezeichnet man als exogene Prozesse. Dazu gehören allediejenigen Prozesse, die durch die Wirkung der Schwerkraft in Zusammenarbeit mit den ausgebildeten Höhenunterschieden ablaufen, also alle Abtragungsprozesse und gravitativen Massenbewegungen. Zu den exogenen Prozessen gehören aber neben den schwerkraftinduzierten Vorgängen auch alle Prozesse, die durch die Energiezufuhr der Sonne in Gang gehalten werden, also die Formungswirkung des Winds und des Wassers in all seinen Formen.
Zwar wirken endogene und exogene Kräfte in der Realität zusammen, dennoch hat man versucht die Formen der exogenen Prozesse als Skulpturformen von den Formen der endogenen Prozesse als Strukturformen zu trennen. Es handelt sich dabei natürlich um eine Abstraktion, die lediglich der Systematisierung dient, denn im „Grunde sind die in der Geomorphologie behandelten Oberflächenformen nur vor einem erdgeschichtlichen Hintergrund als Ergebnis endogen-exogener Wechselwirkungen zu erklären und zu verstehen“ (Zepp 2002:21). Etwas vereinfachend, aber durchaus richtig, lässt sich feststellen, dass je größer die Oberflächenformen der Erde sind, mehr Zeit zu ihrer Entstehung notwendig ist. Außerdem gilt: Je kleiner die Form, desto eher spielen exogene Prozesse eine Rolle, et vice versa.

7 Äolische Prozesse

Äolische Prozesse, also solche, die durch Wind ausgelöst werden, greifen vor allem da, wo keine oder nur eine spärliche Vegetationsdecke den Boden vor Verwehungen schützt. Diese Voraussetzung kann vom Menschen, durch Brände oder durch ungünstige Klimabedingungen hergestellt werden. Spärliche Vegetation herrscht besonders in den ariden und semiariden Gebieten der Welt vor. Aber nicht nur hier fehlt die Vegetation weitgehend. Auch Küsten und ausgetrocknete Flusstäler bieten ähnliche Bedingungen. Wird die spärliche Vegetation durch den Menschen hervorgerufen, spricht bei dem anschließenden Prozess von Winderosion – häufig verursacht durch landwirtschaftliche Nutzungen. Durch das Auswehen von Lockermaterial durch Wind entstehen verschiedene Oberflächenformen, die unter Umständen auch sehr klein sein können. Diese kleinsten Formen sind die Rippel oder Windrippel, kleine wellenformige Oberflächenstrukturen im Sand, die den Rippeln, die Wasser verursacht sehr ähnlich sind. Während sich solche Rippeln im Laufe der Zeit bewegen, sind größere Formen, wie Dünen, relativ ortsfest. Große Sandansammlungen auf der Erde gibt es in den Wüsten. In der Sahara, wie in anderen großen Wüsten auch, sammelt sich der Sand in Becken ab, die mit einem See aus Sand verglichen werden können. Man nennt diese Gebiete Ergs.
Die Windgeschwindigkeit nimmt mit der Höhe zu. Dies gilt vor allem für die sogenannte Prandtlschicht, die etwa 50 bis 100m in die Höhe reicht. In dieser Schicht nimmt die Geschwindigkeit nach oben hin logarithmisch zu. Je näher man der Erdoberfläche kommt, desto mehr wird die Windgeschwindigkeit von deren Rauhigkeitseigenschaften bestimmt. Eine Oberfläche mit sehr feinen, eng gelagerten Partikeln ist glatt, im Gegensatz zu einer Oberfläche mit großen, weiter auseinander liegenden Partikeln. Die Rauhigkeit der Erdoberfläche kann mit der Rauhigkeitslänge angegeben werden, die definiert ist als eine fiktive Höhe über dem Erdboden, in der die Windgeschwindigkeit den Wert 0 annimmt. Man bezeichnet sie als z0. Mithilfe der Rauhigkeitslänge und einer gemessenen Windgeschwindigkeit lässt sich über das Prandtlsche Windgesetz die Schubspannungsgeschwindigkeit berechnet werden:

U   z     U---     ln  -z
        k      z0
(1)

Dabei gilt:
Uz = Windgeschwindigkeit in der Höhe z
U = Schubspanngeschwindigkeit
z = Höhe
z0 Rauhigkeitslänge
k = Kármán-Konstante

Wie auch das Wasser bewegt der Wind Partikel entweder hüpfend (Saltation) oder schiebend/kriechend (Reptation). „Typischerweise kommt es bei der Saltation zu einem fast senkrechten Abheben der Körner und einer parabelförmigen Flugbahn mit Höhen zu Weitenverhältnissen von etwa 1:6“ (Zepp 2002:172). Nicht nur der Wind selbst kann Partikel bewegen, auch die durch die Saltation in Bewegung geratenen Partikel können größere Teilchen anstoßen. Vor allem Schluffe und Tone sind von der Saltation betroffen. Wenn sie auf andere Partikel aufschlagen, können diese die sie zusammenhaltenden Kohäsionskräfte überwinden.
Wird Lockermaterial vom Wind angehoben und ausgeblasen, spricht man von Deflation. Voraussetzung ist neben einer weitgehend fehlenden Vegetation das Nichtvorhandensein von Wasser, denn dieses stabilisiert die Partikel. Auch wenn die Kraft des Windes geringer ist als die des Wassers, kann Wind im Gegensatz zu Wasser Partikel auch gegen die Schwerkraft aufwärts transportieren. Herrscht über längere Zeit eine Windrichtung vor, entstehen Deflationswannen. Da gröbere Partikel nicht ausgeweht werden, können Wüstenpflaster entstehen. „Sobald das erste Feinmaterial ausgeblasen und damit die Rauhigkeit der Oberfläche größer geworden ist, nimmt die Deflation noch zu, denn die dem Feinmaterial aufliegenden gröberen Komponenten verursachen kräftigere Verwirbelungen“ (Zepp 2002:174f.). Der Prozess verstärkt sich solange selbst, bis er nicht mehr möglich ist.
Die gröberen Gesteine, die nicht vom Wind davongeweht werden können, werden durch die umherfliegenden Partikel geformt. Sie wirken wie ein Sandstrahler auf sie ein. Man bezeichnet dieses Phänomen als Windschliff oder Korrasion:

Auf der Luvseite zur bevorzugten Windrichtung wird wie mit einem Sandstrahlgebläse Material abgeschliffen; kippt der Stein oder wechselt die Windrichtung, so ändert sich auch die Angriffsrichtung des korradierend wirkenden Sandes. So entstehen die scharfen, sich verschneidenden ‚Kanten‘ an der Oberfläche der Windkanter. (Zepp 2002:175)

Große, 10 bis 100m große aus anstehendem Gestein geformte Korrasionsformen werden Yardangs genannt. Die Luvseite ist abgeflacht, die Leeseite dagegen steil. Auch an Felsen macht sich die Korrasion bemerkbar. In den unteren 1 bis 2m bilden sich an ihnen durch die andauernde Schleifwirkung Hohlkehlen aus. Am stärksten kann die Korrasion wirken, wenn der Wind nicht in rechtem Winkel auftrifft (dadurch würde der Sand zu stark abgebremst), sondern seitlich auftrifft. Auf diese Weise entstehen auch die nach ihrer Form benannten Pilzfelsen. An diesen Formen lässt sich ablesen, dass der Sand unterhalb der 2-Meter-Grenze bewegt wird. Der Großteil des Sandtranspotes findet sogar nur unterhalb von 2cm statt: „Die Sandkornkonzentration nimmt mit der Höhe expotentiell ab“ (Zepp 2002:176).
Sobald die Windgeschwindigkeit nachlässt und Saltation und Reptation nicht mehr möglich sind, werden die transportierten Teilchen abgelagert. Die Windgeschwindigkeit lässt vor allem dann nach, wenn sich der Untergrund verändert, i.e. rauher wird. Bei der Ablagerung entstehen als kleinste Formen, v.a. durch Reptation, Windrippel (Plural machnmal auch Windrippeln). Übersteigen die Wellenlängen der Akkumulationskörper 5m spricht man von Dünen.

7.1 Dünen

Dünen sind äolische Akkumulationsformen mit einem Wellenlängenbereich zwischen 5 und 500m. Übersteigt sie die 500-Meter-Marke, spricht man von Draas (Singular: Draa). Sie entstehen in Wüsten und an Küsten, wenn die Rauhigkeit des Untergrundes zunimmt. Dünengebiete in Deutschland finden sich z.B. in der Oberrheinebene oder im Raum Nürnberg-Erlangen. Die Luvseite ist abgeflacht, hier wird der Sand sortiert, d.h. die Korngrößen nehmen zum Kamm hin ab. Ist ein Sandkorn auf dem Kamm angekommen, verlagert es sich auf die Leeseite und gerät so langsam in das Innere der Düne, bis es wieder auf der Luvseite herauskommt und der Prozess beginnt von vorne. Werden die Dünen an einem Hindernis akkumuliert, spricht man von gebundenen Dünen, enstehen sie nicht aufgrund von Hindernissen, dann bezeichnet man sie als freie Dünen. Letztere werden je nach Form in verschiedene Typen eingeteilt. Die zwei grundlegenden Formen sind die Barchane und die Parabeldünen. Siehe dazu Abbildung 2.


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Abbildung 2: Barchan und Parabeldüne


Barchane: Sie sind die „aktivsten Elemente der Dünenlandschaft“ (Ehlers 2011:259). Sie bewegen sich mit einer Geschwindigkeit von 5 bis 20 Metern pro Jahr. Auf der Abbildung ist zu sehen, dass die Hörner der Düne schneller wandern als der Dünenkörper. Als Voraussetzungen für die Barchan-Bildung gibt Zepp (2002:179) an: „eine glatte Landoberfläche, eine relativ geringe Sandverfügbarkeit und starke Winde aus einer vorherrschenden Richtung.“

Parabeldünen: Die Form der Parabeldüne ist mit der der Barchane im Prinzip vergleichbar. Umgekehrt bewegt hier jedoch der Dünenkörper schneller als die Hörner. Dies hat seinen Grund meist an einer an den Seiten erhöhten Rauhigkeit, z.B. durch Vegetation.

Eine weitere Form ist die Längsdüne (Draa), die linienhaft auftritt und häufig mehrere Zehnerkilometer lang werden kann. Wind aus wechselnden Richtungen treibt den Sand zu Linien zusammen. Überlagern sich die Windrichtungen kommt es zur Bildung von Sterndünen. Sie werden bis zu 100m hoch.

7.2 Löss

Der Begriff ‚Löss‘ stammt aus dem Deutschen und ist mit dem Wort lose verwandt, beschreibt also seine feine Struktur. Der Begriff wurde bereits im frühen 19. Jahrhundert in der angloamerikanischen Literatur und dem Stichwort ‚Loess‘ übernommen und ist seither international gebräuchlich. Es handelt sich um ein ungeschichtetes Sediment. Pye (1984:176) definiert Löss als

a windblown silt deposit consisting chiefly of quartz, feldspar, mica, clay minerals and carbonate grains. Heavy minerals, opal, phytoliths, salts and volcanic ash shards are also sometimes important constituents.

Löss ist typischerweise gelbbraun gefärbt, in trockenem Zustand kann er bis zu 15m hohe standfeste Wände bilden. Wird der Löss feucht, verliert er seine Stabilität umgehend. Er kommt fast überall auf der Erde vor, fehlt aber weitgehend in Afrika und Australien. Siehe dazu die Lössverbreitungskarte in Abbildung 3. Zwar kommen in Afrika lössähnliche Sedimente vor, es handelt sich dabei aber um äolisch verlagerten Sand und nicht um echten Löss. Extrem dünne Lösse finden sich dagegen in Pakistan.


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Abbildung 3: Die Lössverbreitung, verändert nach Pye (1984:178)


Während die Entstehung des Lösses lange Zeit ungeklärt war, weiß man seit den Untersuchungen des Begründers der Geomorphologie Ferdinand von Richthofen (1833-1905), der sich v.a. mit chinesischen Lössen beschäftigte, dass es sich um ein äolisches Sediment handelt.
Ablagerungsgebiete sind vor allem aufgrund ihrer Vegetation Steppengebiete. Löss ist in der Regel gut sortiert, seine Korngrößen übersteigt den Schluffbereich nicht. Im Gegensatz zum Sand, der durch Saltation und Reptation transportiert wird, bewegt sich Ton und Schluff in Suspension. Die Ablagerung erfolgt, wenn der Wind nachlässt, was durch eine Zunahme der Rauhigkeit der Oberfläche durch Vegetation begünstigt wird. Auch Niederschläge können zu einer Ablagerung führen. Im Gegensatz zum äolischen Sandtransport ist der Transport von Schluff und Ton durch den Wind über weite Strecken hin möglich. So finden sich in Mitteleuropa immer wieder Sahara-Stäube.
Der Hauptbestandteil von Löss ist Quarz, dazu kommen – je nach Fundort – weitere Bestandteile, z.Ḃ. Feldspäte, Glimmer oder Kalk. Teilweise lässt sich an seiner Zusammensetzung sehr gut sein Herkunftsgebiet bestimmen.
Etwa 10% der Landoberfläche der Erde sind mit Löss bedeckt. Große Verbreitungsgebiete befinden sich in den mittleren USA, in Mitteleuropa, China und Argentienien. Gerade der chinesische Löss ist wegen seiner großen Mächtigkeit von 300 bis 400 Metern bekannt (in China findet man auch noch rezente Lösse). Besonders aktiv war die Lössbildung im Pleistozän. Ausgeweht wurde er unter ariden bis semiariden Bedingungen aus Gebieten ohne große Vegetation. Dazu gehören entsprechend Wüsten, Ablagerungensgebiete großer Schmelzwasserströme und die Periglazialgebiete, trockengefallene Flussbetten und Seen, Salztonebenen und Schwämmfächer (am Ende natürlich auch vorher entstandene Lössgebiete). „Auffallend ist das weltweite Verbreitungsmuster der Lösse: sie kommen bevorzugt südlich der pleistozänen Eisrandlagen vor und sind dort als reliktische Sedimente anzusprechen“ (Zepp 2002:181). Das lössbildende Material wurde in den quartären Kaltzeiten ausgeweht und in den Tundren, meist in Hohlformen und Leelagen wieder abgelagert. Geländeungleichheiten wurden durch Lössablagerungen oft wieder ausgeglichen und geglättet. Löss selbst ist kein Boden, sondern das Ausgangsmaterial für eine Bodenbildung. Solche aus Löss entstandenen Böden sind extrem fruchtbar, d.h. die Lössverbreitungsgebiete gehören i.d.R. zu den landwirtschaftlichen Gunsträumen, wie die norddeutsche Bördenlandschaft in Altmöränenlandschaften und Mittelgebirgsschwellen.
Die abgelagerten Lösssedimente liegen schichtungslos in lockerer Lagerung vor. Die Lössablagerungsphasen wurden abgewechselt von Bodenbildungphasen, was allerdings für den chinesischen Löss nicht zutrifft, da hier eine kontinuierliche Sedimentation stattgefunden hat. Im Profil lassen sich so bei den meisten Lössen gut Abfolgen von Paläoböden und Lösssedimenten beobachten, denn „je nach Dauer und Klimagunst konnten sich [...] aus den zuvor abgesetzten Lössen durch Entkalkung, Humifizierung, Verbraunung oder Tonverlagerung unterschiedliche Böden entwickeln“ (Zepp 2002:182).
Wurde Schluff und Ton ausgeweht und als Löss wieder abgelagert, entstehen Lössschichten von erstaunlicher Standfestigkeit. Erosion kann sich tief in den Löss eingraben und viele Meter tiefe Hohlwege bilden. Der einmal abgelagerte Löss wird als Primärlöss bezeichnet, wird er später nochmals umgelagert, nennt man ihn Sekundärlöss. Weitere Unterscheidungen, die getroffen wurde, nehmen neben typischem Löss mit seinem hohem Kalkgehalt noch lössähnliche Sedimente an, die einen hohen Sand- oder Tonanteil enthalten (man spricht entsprechend von sandigem bzw. tonigem Löss) sowie braunen Löss und Lössderivate, die durch postgenetische Prozesse, wie etwa Bodenbildung, Solifluktion oder Kryoturbation, entstanden sind (Haase et al. 2007:1304).
Die große Zeit der mitteleuropäischen Lössentstehung war während der Würmeiszeit (Weichsel). Vor allem in den Norddeutschen Bördengebieten spielt der Löss bis heute als Grundlage für den fruchtbaren Boden eine wichtige Rolle, z.B. im Kraichgau. Für die hohe Fruchtbarkeit verantwortlich ist die Mineralzusammensetzung und die durch die Poren bedingten guten hydrologischen Eigenschaften. Es herrscht eine hohe Feldkapazität vor und durch Verwitterungsprozesse werden dauerhaft Mineralstoffe abgegeben. Auch in den Senken des Oberrheingrabens, am Kaiserstuhl oder in der Niederrheinischen Bucht befinden sich wichtige Lössablagerungen – diese sind in Deutschland etwa 1 bis 2m mächtig. Im Holozän entwickelte sich aus dem Löss (bodenbildendes Substrat) Parabraunerden, Schwarzerden und Pseudogley-Parabraunerden.
Löss ist häufig sehr kalkhaltig (z.B. im Kraichgau). Durch Kristallisation von Calciumkarbonat entstehen Kalkkonkretionen, die aufrgrund ihrer typischen Form auch als Lösskindeln bezeichnet werden (Kindel = kleines Kind).

7.3 Wo kommt der Löss her?

Die Kantigkeit der Schluffpartikel deutet auf eine Entstehung durch Frostsprengung, Salzverwitterung und Prozesse des Gletschers, also durch Detersion (Gletscherschliff), hin. Einer der Hauptmechanismen ist wohl die abschleifende Wirkung des sich langsam bewegenden Gletschers auf dem Anstehenden. Das entstandene Feinmaterial wird an der Stirnseite des Gletschers ausgeschürft und zusammengeschoben – ein Vorgang den man Exaration nennt. Wüsten kommen nur bedingt als Auswehungsgebiete in Frage, hier enstehen nur kleine Schluffmengen. Dass in Afrika und Australien so gut wie kein Löss vorkommt liegt aber vielmehr daran, dass der verwehte Schluff in die Ozeane geweht wird und nicht auf dem Land abgelagert wird. Hauptquellen des Schluffs sind also die Gletscherbewegungen und Frostverwitterung in kalten Klimaten. Enstanden ist der heute zu beobachtende Löss hauptsächlich während des Pleistozäns einerseits durch Gletscherbewegungen in vergletscherten Gebieten anderseits durch Frostsprengung im Periglazialbereich. Zunächst wurde der Löss zwischen den skandinavischen Inlandeismassen im Norden und der alpinen Vergletscherung im Süden abgelagert. Dies geschah vor allem in den Sommern und im Herbst, also vor dem Fallen des ersten Schnees. Der Löss setzte sich unter trockenen und kalten Bedingungen in der vorherrschenden Steppe-Vegetation ab. Ausgeblasen wurde der Schluff aus trocken gefallenen Flussbetten und aus ausgewaschenen Ebenen. Die Dichte der Lössschicht nimmt vom Auswehungsgebiet ausgehend entsprechend ab. Auch heute noch kann die Lössentstehung an ausgewählten Standorten beobachtet werden, so z.B. in Alaska oder in der Wüste Negev in Israel.
Laut Pye (1995) müssen folgende vier Bedingungen für die Lössentstehung erfüllt sein:

  1. Es muss eine Schluffquelle vorhanden sein
  2. Es muss genügend Windenergie vorhanden sein, um den Schluff zu transportieren
  3. Ein geeignetes Akkumulationsgebiet muss vorhanden sein (Vegetation)
  4. Diese Bedingungen müssen für lange Zeit gelten, denn es dauert sehr lange, bis eine Lössdecke entstehen kann

Bisher haben wir gesagt, dass der Löss v.a. im Pleistozän abgelagert wurde. Aber was genau bedeutet das? Die Erdzeitalter werden in Serien und diesen übergeordnete Systeme eingeordnet. Das übergeordnete System, in dem wir uns heute befinden, ist das Quartär. Die zugehörige Serie für unsere Jetzt-Zeit ist das Holozän. Das Holozän begann vor etwa 10.000 Jahren. Die Serie davor, in der der Löss abgelagert wurde, dauerte etwa 2,5 Millionen Jahre – das Pleistozän.


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Abbildung 4: Das Quartär


Während des Pleistozäns wurde Löss in Periglazialgebieten gebildet, an den Rändern der Hochgebirge, aber auch an den semi-ariden Grenzen der Wüsten. In letzterem Fall wurde allerdings nur wenig Löss produziert. Die Frage, durch welche Prozesse Löss entsteht beantwortet Pye (1995:657) mit der Übersicht in Abbildung 5. Wie zu sehen ist, beginnt die Lössentstehung entweder mit glazialer Erosion oder mit Verwitterung. Danach kann das entstandene Material entweder direkt ausgeblasen werden oder wird in einem Zwischenschritt nocheimal umgelagert. Z.B. durch einen Fluss, der dann austrocknet.


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Abbildung 5: Möglichkeiten der Lössentstehung nach Pye (1995)


8 Fluviatile Prozesse

8.1 Grundlegendes: das Wasser der Erde

Das Wasser auf der Erde liegt in verschiedenen Aggregatzuständen in Speichern vor, die in unterschiedlichen Zeitskalen in Austauschverhältnissen zueinander stehen. So bleibt das Wasser in der Atmosphäre durchschnittlich 0,1 Jahre, in Flüssen durchschnittlich 1 Jahr, in Seen 100 Jahre, liegt das Wasser in Form von Schnee vor, verbleibt es durchscnittlich 10.000 Jahre in diesem Aggregatzustand, im Grundwasser durchschnittlich 5.000 Jahre und in den Ozeanen schließlich durchschnittlich 40.000 Jahre. Die Verteilung des Wassers in diesen Speicher ist relativ unterschiedlich. Etwa 96,5% des Wassers ist in Ozeanen gespeichert, das Grundwasser und die Gletscher machen etwa 1,7% des Wassers und der Schnee etwa 1,74% des Wassers der Erde aus (Zahlen nach Zepp 2002:113).
Da das Wasser nicht in diesen Speichern verbleibt, sondern zirkuliert, spricht man vom Wasserkreislauf. Die Verdunstung über den Meeren ist besonders hoch; sie übertrifft den Niederschlag. Auf den Landoberflächen kehrt sich dieses Verhältnis um: der Niederschlag ist größer als die Verdungstung, das abgeregnete Wasser fließt in Form von Flüssen teilweise wieder in die Ozeane zurück. Sickert das Wasser in den Boden und füllt Poren und Klüfte aus, spricht man von Grundwasser – allerdings mit der Einschränkung, dass es sich nur dann um Grundwasser handelt, wenn seine Bewegungsfreiheit ausschließlch von der Schwerkraft bestimmt ist. Man spricht von der gesättigten Zone (phreatische Zone). Oberhalb dieser liegt die ungesättigte Zone (vadose Zone), in der das Wasser nach unten sickert. Häufig ist die Oberfläche, auf der sich das Grundwasser sammelt geneigt und fließt entsprechend abwärts in Richtung eines Flusses. Untersucht man ein solches Wassereinzugsgebiet, so tut man dies immer auf ein Jahr hin. Das hydrologische Jahr wird abweichend vom Kalenderjahr definiert als die Zeit zwischen November und Oktober des Folgejahres. So können schon die im Spätherbst als Schnee gefallenen Niederschläge berücksichtigt werden.
Fällt Wasser als Niederschlag auf die Erde beginnt er entweder zu versickern oder oberflächlich abzulaufen. Letzeres geschieht in Form eines Abflusses dann, wenn die Niederschlagsrate größer als die maximale Infiltrationsrate ist. Man spricht vom Hortonschen Landoberflächenabfluss, wenn die Inflitrationsrate aufgrund von Verschlämmung oder anderer ungünstiger Bodeneigenschaften herabgesetzt ist. Ist der Boden wassergesättigt, spricht man vom Sättigungsabfluss.
Betrachtet man einen ausgewählten Landschaftsausschnitt und zeichnet über die Zeit hinweg die (beobachteten oder berechneten) Abflüsse in ein Koordinatensystem, so erhält man eine Abflussganglinie. Kurze, steile Anstiege innerhalb eines solchen Koordinatensystems, die langsam wieder ausschwingen, kennzeichnen ein Hochwasser. Flüsse haben normalerweise über die Jahre hinweg ähnliche Abflussganglinien. Man spricht übergreifend von einem Abflussregime, also dem typischen oder durchschnittlichen Jahresgang eines Abflusses. Ein solches Abflussregime kann durch verschiedene Faktoren beeinflusst werden. Gibt es nur einen solchen Faktor, spricht man von einem einfachen Abflussregime. Es wird unterschieden zwischen pluvialen Regimes, also solchen, die vom Regen beeinflusst werden, nivalen Regimes, die von der Schneeschmelze abhängig sind und solchen, deren hauptsächlicher Faktor das Abschmelzen von Gletschereis ist, den glazialen Regimes. Neben diesen einfachen Regimes, gibt es zahllose komplexe Regimes, die von verschiedenen Faktoren beeinflusst werden.
Aber was ist das eigentlich genau, ein Abfluss? Zepp (2002:118) definiert einen Ablfluss als „das Wasservolumen [...], das pro Zeiteinheit einen Fließquerschnitt passiert.“ Um den Abluss zu berechnen multipliziert man den Fließquerschnitt mit der durchschnittlichen Fließgeschwindigkeit:

Q    v  A
(2)

Wobei Q den Abfluss in m3 pro Sekunde angibt, v die Fließgeschwindigkeit in Metern pro Sekunde und A den Fließquerschnitt in m2. Die höchsten Geschwindigkeiten eines Fließgewässers treten dort auf, wo am wenigsten Reibung herrscht, also in der Mitte des Flusses, nahe der Oberfläche. Die gedachte Linie, die die Punkte der höchsten Geschwindigkeiten verbindet, nennt man den Stromstrich. Mäandert der Fluss, so bewegt sich der Stromstrich immer an die Ufer der Flusswindungen. In Abbildung 6 ist der Stromstrich grau eingezeichnet. An den Stellen, an welchen der Stromstrich den Fluss überquert ist das Wasser relativ seicht. Solche Untiefen werden als riffles bezeichnet. An den Stellen, an welchen der Stromstrich dem Ufer in den Flussbiegungen nahekommt, also an den Prallhängen, ist die Erosion besonders hoch. Die hier entstehenden Vertiefungen bezeichnet man als pool. pool-riffle-Sequenzen führen zu einer abwechselnden Verlangsamung bzw. Beschleunigung der Fließgeschwindigkeiten und damit zu einer Verstärkung bzw. Verminderung der Erosion.


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Abbildung 6: Stromstrich bei mäandrierenden Flüssen


Neben geraden (Abbildung 7) und mäandrierenden Flüssen unterscheidet man solche, die zu starker Verzweigung neigen. Man spricht von braided rivers.1 Für die verschiedenen Formen gibt es eine Reihe an Definitionen. Wir halten uns hier an Goudie (1996:316):

Im allgemeinen bezeichnet man einen Fluß als geradlinig, wenn er auf einer Strecke, die dem Zehnfachen seiner Breite in diesem Abschnitt entspricht, gerade fließt. Als Mäander wird ein Fluß bezeichnet, wenn die Flußlänge zwischen dem Punkt A und dem Punkt B mindestens das Anderthalbfache seiner Tallänge beträgt. Das Verhältnis von Lauflänge zu Tallänge heißt Krümmungsverhältnis.

Braided rivers entstehen, wenn der Fluss wenig Wasser führt und es damit zu einer verstärkten Akkumulation kommt. Steigt der Abfluss wieder, so muss der Fluss den akkumulierten Hindernissen (Sand- und Kiesbänke) wieder ausweichen. Gerade bei Schmelzwässerflüssen handelt es sich also um braided rivers. Besonders treten braided rivers auf, wenn ein hohes Gefälle mit geringem Abfluss oder ein niedriges Gefälle mit großem Abfluss vorherrschen. Es geht also hauptsächlich darum, dass genügend Bodenfracht transportiert und abgelagert werden kann.
Gerade Fließgewässer sind meist antrhopogenen Ursprungs, in der Natur kommen sie nur selten vor, mit Ausnahme von Stellen mit extrem steilen Gefällen in Gebirgen. Werden Flüsse, wie z.B. der Oberrhein im 19. Jahrhundert, von Menschenhand begradigt, kommt es zu verstärkter Tiefenerosion; der Fluss beginnt sich einzugraben.


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Abbildung 7: Gerader von Menschen gemachter Flussabschnitt. Hier der Mittlere Isarkanal. Die Seiten mussten künstlich befestigt werden, denn gerade Flussverläufe sind instabil. Sie kommen in der Natur so gut wie nicht vor. Selbst wenn der Untergrund homogen ist, bilden sich Mäander – sogar bevorzugt.


Idealtypischerweise nimmt ein mäandrierender Fluss, von oben gesehen, die Form einer Sinuskurve an. Wie solche Sinuskurven beschreibt man sie denn auch. Man spricht von der Wellenlänge eines Mäanders, von seiner Amplitude und von seinem Radius. Manchmal gibt man auch seine Sinuosität an, also als den Quotienten von Fließlänge und Tallänge. Durch die Seitenerosion an den Prallhängen und die ausgleichenden Akkumulationsvorgänge an den Gleithängen, weicht ein natürlicher Mäander von der prototypischen Sinuskurve ab (dazu trägt natürlich auch die Beschaffenheit des Umgebungsmaterials bei). Der Mäander verschiebt sich durch diese Prozesse auch fortlaufend. Es kommt häufig sogar dazu, dass zwei Prallhänge immer näher aneinanderrücken und schließlich an einem solchen Mäanderhals durchbrechen. Es entstehen Altarme. An den zum Fluss hin offenen Enden des Altarms lagert sich im Laufe der Zeit Schluff und Sand an, sodass ein Altwassersee entsteht. Wird der Altwassersee bei Hochwasserereignissen zusedimentiert, entsteht ein Sumpf. Die „damit verbundene Zunahme des Wasserspiegelgefälles wird an anderen Fließgewässerabschnitten ausgeglichen, durch die Bildung eines neuen Mäanders oder die weitere Auslenkung eines vorhandenen Mäanders“ (Zepp 2002:146).
Die Vorgänge innerhalb des Flusses sind nicht voneinander unabhängig, d.h., dass die Veränderung eines Faktors im Fluss i.d.R. Einfluss auf andere Faktoren ausübt (man spricht daher auch vom Systemausgleich). Vor allem gilt dies für die drei Faktoren Geschwindigkeit, Tiefe und Breite. Aus der sich durch diese Faktoren ergebenden hydraulischen Geometrie lassen sich viele Prozesse im Fluss besser verstehen, z.B. warum die Geschwindigkeit und Wassertiefe zunimmt, wenn sich der Fließquerschnitt seitlich verkleinert.
Es lassen sich zwei verschiedene Arten des Fließens unterscheiden. Dass Wasser kann ungestört in Schichten fließen, man spricht von laminarem Fluss oder wild durcheinander, so dass es zu Verwirbelungen kommt, man spricht vom turbulenten Fließen. Turbulenzen im Wasser führen zur Ablösung von Partikeln. Das Strömungsverhalten in einem geraden Fluss unterscheidet sich vom Strömungsverhalten eines mäandrierenden Flusses. In ersterem Fall bilden sich charakteristische Doppelwalzen aus. Gibt es, wie bei mäandrierenden Flüssen, starke Flussbiegungen, so kommt es zu einfachen Walzen. Siehe dazu Abbildung 8.


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Abbildung 8: Doppel- und Einfachwalzen nach Zepp (2002:123)


8.2 Mehr über Flüsse

Wenn ein Fluss ganzjährig Wasser führt, spricht man von einem perennierenden Fluss. Fällt er mindestens einen Monat pro Jahr trocken, so bezeichnet man ihn als periodisch, tritt der Abfluss dagegen nur unregelmäßig auf, spricht davon, dass der Fluss nur episodisch Wasser führt. Besonders in den Trockengebieten der Welt kommen episodisch wasserführende Flüsse vor. Die trockengefallenen Flusstäler bezeichnet man dann als Wadis.
Flüsse verändern auf zwei entgegengesetze Weisen ihre Umwelt: entweder sie akkumulieren oder sie erodieren Material. Zwar geschieht in einem Flussystem notwendigerweise immer beides, betrachtet man aber einen Fließgewässerabschnitt, so überwiegt einer der beiden Vorgänge. Zwei Faktoren entscheiden maßgeblich darüber, in welchem Zustand sich ein Fluss befindet:

Beide Faktoren können sich im Laufe der Zeit verändern. Ändert sich das Klima und fällt mehr Niederschlag, so steigt die Abflussmenge. Damit ist eine Erosion wahrscheinlicher. Genauso erhöht sich die Erosion, wenn das Gefälle zunimmt, i.e. der Flusslauf steiler wird. Wechseln sich Akkumulation und Erosion ab, kann es passieren, dass erst Material abgelagert wird und später wieder teilweise erodiert wird – es kommt zur Terrassenbildung. Zepp (2002:165) definiert eine Flussterrase als „ehemalige, vom Fluß verlassene Talböden. Sie entstehen, wenn sich ein Gerinne nach einer Phase der Sohlenbildung erneut eintieft und Teile des alten Talbodens zerstört.“ Entsprechend können Terrassen entweder Abtragungs- oder Akkumulationsformen sein. Voraussetzung für die Terrassenbildung ist ein Eintiefungsimpuls, der durch die Erhöhung der Basisdistanz ausgelöst wird. Auslöser kann aber auch eine Vergrößerung des Abflusses durch eine Klimaveränderung sein. Die Anschwemmungen aus welchem die Terrassen aufgebaut werden bezeichnet man allgemein als Alluvium. Für den akkumlatorischen Aufbau von Flussterrassen gibt es eine Reihe von Gründen, Goudie (196:321) führt an:

Der Einfluss des Klimas kann allerdings auch zu einem Trockenfallen des Flusses führen, es entstehen Trockentäler. Dies kann unterschiedliche Ursachen haben. Entweder nimmt der Niederschlag ab, d.h. das Klima wird arider oder das Wasser gewinnt die Möglichkeit unterirdisch abzufließen. Dies ist z.B. beim Anheben von Kalkgestein aus dem Untergrund der Fall. Es entsteht ein Karstgebiet und das Wasser versickert. Auch in Periglazialgebieten sind Trockentäler häufige Erscheinungsformen. Aufgrund des Permafrostes kann Wasser nicht versickern, es muss oberflächlich abfließen. Durch das Auftauen des active layers kommt es zur Gelifluktion und damit zu Erosion.

8.3 Ordnungssysteme und Formen der Flüsse

Flüsse lassen sich nach verschiedenen Kriterien klassifizieren. Eine der berühmtesten Klassifikationen geht auf den Begründer der Morphometrie Robert Elmer Horton (1875–1945) zurück. Die Morphometrie ist die genaue Messung und quantifizierte Beschreibung von Objekten, in diesem Fall also von Flüssen. Horton und sein Schüler Arthur Newell Strahler (1918–2002) bezeichneten diejenigen Flüsse eines Flussystems, die die ersten Zuflüsse bilden, als Flüsse erster Ordnung. Fließen zwei Flüsse erster Ordnung zusammen, erhält man einen Fluss zweiter Ordnung. Fließen also zwei Flüsse gleicher Ordnung zusammen, erhält man einen Fluss mit der Ordnung plus 1. Fließen Flüsse unterschiedlicher Ordnung zusammen, erhält der resultierende Fluss die höhere Zahl. Fließt also ein Fluss erster Ordnung und ein Fluss zweiter Ordnung zusammen, resultiert ein Fluss zweiter Ordnung. Man spricht auch von der Flussordnungszahl. Siehe dazu Abbildung 9.


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Abbildung 9: Das Flussordnungssystem nach Strahler


Flussnetze nehmen eine Vielzahl an Formen an. Häufig sind sie jedoch schlicht ungeordnet. Daneben existieren gitterförmige, dendritische, parallele und ringförmige Strukturen, die sich aus den jeweiligen Gegebenheiten vor Ort ergeben.

8.4 Formung durch Wasser

Die kleinsten Formen, die durch Wasser entstehen, sind durch das Auftreffen von Regentropfen bestimmt. Wenn die Kräfte, die die Teilchens eines Boden zusammenhalten kleiner sind, als die Kraft mit der ein Regentropfen auf den Boden auftrifft, kommt es zur Abtragung. Bei Abtragungsvorgängen unterscheidet man zwischen

Den flächenhaften Abtrag bezeichnet man auch als Denudation. Das Ergebnis der Denudation ist die Freilegung des anstehenden Gesteins. Das Wort ist mit dem englischen nude verwandt. Die Denudation in bzw. durch Fließgewässer wird u.a. durch folgende Bedingungen erleichtert (nach Goudie 1996:328):

Erosion bzw. Denudation teilt man der Einfachheit halber in zwei Teilprozesse auf (die in realiter nur schwer zu trennen sind): die Ablösung und den Transport. Beim Aufschlagen eines Regentropfens kommt es wie gesagt zum Abtrag, wenn die stabilisierenden Kräfte der Oberfläche durch die Kraft des Tropfens überschritten werden. Das betroffene Material wird radial in alle Richtungen wegkatapultiert. Man spricht vom Splash-Effekt, seltener auch von der Plansch-Wirkung. Fallen die Tropfen schneller, als der Boden bzw. das Regolith das Wasser aufnehmen kann, fließt das Wasser ab. Ist der Boden oder das Regolith trocken und ist Luft in seinen Poren eingeschlossen, führt die Befeuchtung durch den Niederschlag zu einer Erhöhung des Drucks in den Poren. Es kommt zu einer Luftsprengung und damit zu einer Zerstörung der Aggregate. Außerdem quillt der Boden auf, wodurch Scherspannungen entstehen, die ebenfalls zur Aggregatszerstörung beitragen (Zepp 2002:127). Der Niederschlag führt also zu einer Zerlegung der Aggregate in Primärteilchen. Eine solche Zerlegung in Schluff, Ton und Sand bezeichnet man als Dispergierung. Da die Poren zerstört oder durch feinere ersetzt werden, kommt es zur Verschlämmung; weniger Wasser kann infiltriert werden. Die Voraussetzung für Denudation durch Wasser, also für die sogenannte Spüldenudation, ist ein weitgehendes Fehlen von Vegatation. Wird Feinsediement unter periglazialen Bedingungen durch Schmelzwasser oder Niederschläge abgetragen, spricht man von Abluation.
Der Fluss kann erst Energie für Erosion und Transport bereitstellen, wenn nach den Reibungsverlusten durch das Fließen noch genügend Energie vorhanden ist. Es wird also eine entsprechende Fließgeschwindigkeit vorausgesetzt. Der Materialtransport erfolgt entweder auf der Gewässersohle und zwar rollend oder springend in Form von Bodenfracht oder als Schwebfracht, also in Suspension. Auch ein Transport in chemischer Lösung ist möglich (vor allem Verwitterungsprodukte). Generell gilt: Je kleiner die Partikel, desto eher werden sie in Suspension transportiert. „Tonpartikel bleiben sogar in unbewegtem Wasser stundenlang in der Schwebe, typischerweise gehört die Schluffraktion in fließenden Gewässern ebenfallst zur Schwebfracht“ (Zepp 2002:139). Zusammengefasst gibt es also drei Arten des Transports:

Die Ablösung von Partikeln durch das Wasser folgt eigenen Gesetzmäßigkeiten. Die Möglichkeiten eines Gewässers zum Transport von Partikeln bezeichnet man als seine Kompetenz.2 Während es sich bei der Kompetenz allerdings um ein eher theoretisches Maß handelt, das durch Gefälle und die Tiefe des Gewässers bestimmt wird, wird die Transportkapazität zusätzlich durch den Abfluss bestimmt. Material wird erst abgelöst, nachdem seine Scherspannung vom Wasser überschritten wird. Dafür ist bei kleineren Partikeln in der Regel mehr Kraft notwendig als für größere Teilchen. Übersichtlich darstellen lassen sich Erosion, Transport und Ablagerung im sogenannten Hjulström-Diagramm. Siehe dazu Abbildung 10.


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Abbildung 10: Erosion, Transport und Sedimentation im Hjulström-Diagramm


Die Abbildung zeigt, dass v.a. Sand leicht zu erodieren ist. Werden die Teilchen größer, so werden sie erstens schwerer und zweitens wirken sich auch die Kohäsionskräfte (also die Zusammenhalt stiftenden Kräfte zwischen den Partikeln) stärker aus. Außerdem bestimmt natürlich die Oberflächengestalt, genauer gesagt die Rauhigkeit der Oberfläche, der Partikeln eine Rolle bei der Ablösung. Hjulström hatte sein Diagramm aus experimentellen Untersuchungen zum Verhalten von homogenen Quarzkörnern abgeleitet.
Die Vorhersage von Prozessen in Fließgewässern ist in der Realität alles andere als einfach. Gerade bei alpinen Gewässern ist es daher notwendig Geschiebeherde, also „bei Hochwasser leicht mobilisierbare Quellen für die Bodenfracht‘ (Zepp 2002:144), zu kartieren. Verunmöglicht wird die Erosion, wenn durch Hochwasserwellen eine flache, Sohlenpanzerung entsteht.
Die im Fluss mitgeführten Partikeln können selbst wieder Erosionsprozesse auslösen. Man spricht von Abrasion:

Wenn von schneller Strömung mitgeführte Gesteinspartikel gegen die Wandungen eines in anstehenden Fels eingeschnittenen Flussbetts prallen, werden Gesteinsbrocken losgeschlagen. Das Rollen von Steinen und größeren Blöcken auf dem Boden des Flussbetts zerdrückt und zerreibt kleinere Fragmente, sodass eine Mischung verschiedener Partikelgrößen entsteht. Diese Prozesse der mechanischen Abnutzung werden unter dem Begriff Abrasion zusammengefasst. (Strahler & Strahler 2009:566)

8.5 Talbildung und Talformen

Täler entstehen durch Erosions- und Denudationsprozesse. Erstere erfolgt durch das Fließen eines Flusses, zweitere durch gravitative Massenbewegungen, die in der durch den Fluss entstandenen Eintiefung vonstatten gehen. Es handelt sich also um Hohlformen mit gleichsinnigen Hängen, die durch einen Fluss entstanden sind. Verbindet man die tiefsten Punkte dieser Hohlform, erhält man den Verlauf der Talsohle. Zunächst schneidet sich der Fluss durch Tiefenerosion in die Landschaft ein, die Hänge werden später durch Denudationsprozesse geformt. Aus den unterschiedlichen Gegebenheiten vor Ort ergeben sich verschiedene Talformen. Sie lassen sich meist nicht auf einen speziellen Faktor zurückführen, sondern sind das Ergebnis des komplexen Zusammenspiels von endogenen und exogenen Prozessen. Da ähnliche Oberflächenformen durch verschiedene Prozesse hervorgerufen werden können – man spricht von der Formenkonvergenz – lässt sich dies ohnehin meist nur schwer bestimmen. Allen Hängen gemeinsam ist der „durch gravitative Massenbewegungen [...] [entstandene] konvexe Oberhang und damit insgesamt – im Gegensatz zur rein fluvialen Abtragung mit zumindest räumlich begrenzter Tendenz zur Versteilung – die Tendenz zur Relieferniedrigung“ (Zepp 2002:160). Zur Unterscheidung der verschiedenen Talformen zieht man meist eine einfache Taltypologie heran. Siehe dazu Abbildung 11.


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Abbildung 11: Die verschiedenen Talformen


Eine Klamm (Plural: Klammen) entsteht durch andauernde und/oder starke Tiefenerosion in festes Gestein, bei gleichzeitig schwacher Denudation. Das Fließgewässer, das zur Klammentstehung geführt hat, nimmt den gesamten Talboden ein. Den Klammen ähnlich sind Schluchten, auch hier nimmt der Fluss den gesamten Talboden ein – zumindest bei Hochwasserereignissen. Die Tiefenerosion ist auch hier stark, allerdings gibt es schon etwas stärkere Denudationsprozesse als bei Klammen. Nicht nur in Festgesteinen treten Schluchten auf, auch in Lockermaterialien, die zur Standhaftigkeit neigen, sind Schluchten möglich, so z.B. bei Lössen oder vulkanischen Tuffen. Weiter ausgeprägt ist die Hangdenudation bei Kerbtälern, allerdings überschreitet auch hier die Denudation die Tiefenerosion nicht. Eine Sonderform des Kerbtales stellen die Canyons dar, die durch verschiedene Gesteinsschichten unterschiedlicher Härte charakteristische steile Hänge ausbilden. Sie dürfen nicht mit den Flussterrassen verwechselt werden. Allgemein lässt sich sagen, dass konvexe Oberhänge auf gravitative Massenbewegungen, also auf eine stärkere Denudation hindeuten, konkave Unterhänge dagegen auf eine schwache Transportkapazität und schwache Erosionsleistung.
Durch mäandrierende Flüsse entstehen häufig sogenannte Talmäander, aufgrund ihrer Genese spricht man auch von eingesenkten Mäandern. Die Mäander tiefen sich in den Untergrund ein, meist als „Folge der Vergrößerung der Basisdistanz durch eine Gebirgshebung bzw. Absenkung des Gebirgsvorlandes“ (Zepp 2002:164). Wenn nur der Fluss selbst, nicht aber die Umgebung, mäandert, spricht man von freien Mäandern. Wird das Mäandern des Flusses durch die geologischen Gegebenheiten festgelegt, handelt es sich um einen Zwangsmäander. Auch wenn ein zunächst freier Mäander durch Verlängerung der Basisdistanz zu einem Talmäander wird, spricht man von einem Zwangsmäander. Wie es auch bei den Mäandern am Mäanderhals zu durchbrüchen kommen kann, so kann dies auch bei Talmäandern geschehen. Durch die Tiefenerosion des Mäanders entstehen sogeannte Umlaufberge.
Bisher waren wir davon ausgegangen, dass Täler entstehen, wenn sich ein Fluss in die Landschaft eintieft. Der Untergrund von Landschaften ist jedoch sehr verschieden. Erodiert ein Fluss eine Landschaft, deren Oberfläche aus Lockersedimenten besteht, tieft sich die Landschaft (auch durch Denudation) ein, bis er auf härtere Schichten stößt, die er durchbricht. Um den Fluss herum bleiben diese festeren Gesteinsschichten erhalten – es entsteht ein epigenetisches Durchbruchstal. Umgekehrt kann es aber auch dazu kommen, dass ein Fluss seine Fließstrecke schon festgelegt hat und sich erst später ein Gebirge aufwölbt, in das sich der Fluss einschneidet. Man bezeichnet die entstehenden Täler als antezedente Durchbruchstäler.

8.6 Hochwässer

Bei Hochwasserereignissen strömt das Wasser über den eigentlichen Flussverlauf hinaus. Aufgrund der sinkenden Fließgeschwindigkeiten wird hier Material akkumuliert, es entstehen Auensedimente. Zu dieser Akkumulation trägt die Rauigkeit des den Fluss umgebenden Geländes bei (Vegetation). Es entstehen nach wiederholten Hochwasserereignissen Dämme um den Fluss herum und es entsteht ein sogenannter Dammuferfluss:

Schließlich liegen seine Wasserfläche und selbst das Flussbett höher als das umgebende Land. Bei besonders starkem Hochwasser kann er seitlich ausbrechen und sich ein neues Bett suchen, das er gewöhnlich auch nach dem Rückgang des Hochwassers beibehält. (Zepp 2002:152)

Die auf beiden Seiten entstehenden Dämme bezeichnet man auch als levées. Insgesamt lässt sich festhalten, dass die Gefahr von Hochwässern für den Menschen zunimmt. Dies hat nach Goudie (1996:330) u.a. folgende Gründe:

8.7 Formen im Mündungsbereich

Vor allem Fließgewässer im Gebirge enden oft abrupt in einer flachen Talsohle. Die plötzliche Abnahme des Gefälles sowie die starke Verbreiterung des Fließquerschnitts führen zu einer starken Akkumulation; es entstehen charakteristische Schwemmkegel. Da zunächst die gröberen Sedimente abeglagert werden, ist der Fluss ständig gezwungen, sich neue Wege zu suchen. Es kommt zur Kegelbildung. Semi-aride Bedingungen fördern das Entstehen von Schwemmkegeln, da eine Voraussetzung für ihre Entstehung an ein trockenes Tal gebunden ist. Ist der Schwemmkegel relativ flach und das Material fein, spricht man auch von einem Schwemmfächer, es entstehen bei großen Flüssen ganze Schwemmlandebenen, wie im Bereich Rhein-Maas oder dem Ganges-Bramaputra-Delta. Solche Deltas kommen meist am Übergangsbereich zum Mündungsmeer (also an der Erosionsbasis) vor. Die Fließstrecke verlängert sich, da durch die fortlaufende Akkumulation neues Festland entsteht.
Gerade wurde in einer Klammer gesagt, es handele sich beim Meer um die Erosionsbasis eines in ein Meer mündenden Flusses. Eine Erosionsbasis ist definiert als derjenige Höhenpunkt, bis zu dem die Erosion wirken kann. Tiefer als bis zur Mündung kann nicht erodiert werden. Den Höhenabstand von einem Punkt bis zur Erosionsbasis nennt man Basisdistanz. Wird die Basisdistanz durch eine tektonische Tieferlegung der Erosionsbasis vergrößert, so kommt es zu einem Eintiefungsimpuls, der sich den Fluss nach oben hin fortpflanzt. Da Fließgewässer i.d.R. auf ihrem Lauf zum Meer unterbrochen werden, gibt es neben dieser absoluten Erosionsbasis meist noch mehrere lokale Erosionsbasen, im Falle des Rheins z.B. den Bodensee. Aber nicht nur Seen bilden lokale Erosionsbasen, auch nicht erodierbares Gestein kann diese Funktion inne haben (so entstehen übrigens häufig Wasserfälle).
Führt der Fluss eine große Sedimentfracht mit sich, kann es dazu kommen, dass seine Nebenflüsse nicht mehr direkt in ihn einmünden können, sondern über längere Strecken parallel neben ihm herlaufen. Es entstehen verschleppte Mündungen.
Flussdeltas entstehen nicht bei jedem Fluss, der in einen See oder ins Meer fließt. Es müssen gewisse Bedingungen gegeben sein. Zu den Bedingungen, die die Delta-Entstehung fördern, gehören nach Goudie (1996:326):

Außerdem macht es einen Unterscheid, ob ein Fluss in einen See mündet oder in ein Meer, denn in ersterem Fall mischt sich Süßwasser mit Süßwasser, also Flüssigkeiten mit gleicher Dichte. Fließt der Fluss dagegen ins Meer, trifft Süßwasser auf Salzwasser. In beiden Fällen lagern sich zuerst die groben Sedimente ab und nach und nach erst die feineren. Deltas, die in ein Meer münden haben jedoch eine größere horizontale Ausdehnung, i.e. sie lagern sich weiter ins Meer hinein, denn das weniger dichte Süßwasser schwimmt gleichsam auf dem dichteren Meerwasser auf. Der Fluss reicht sozusagen ins Meer hinein. Aufgrund der Auffschüttung tendieren Deltas dazu, nicht nur ihren Verlauf zu ändern, sondern sich auch im Laufe der Zeit komplett zu verlagern. Der Fluss sucht sich immer neue und möglichst steilere Wege, ein Vorgang, der als Avulsion bezeichnet wird. Das verlassene Flussbett beginnt nach der Verlagerung abzusinken. Dies liegt häufig daran, dass die hinterlassenen Sedimente Tone sind, die aus bis zu 80% aus Wasser bestehen. Neues, sich ablagerndes Sediment presst das Wasser aus den Poren – es kommt zum Absinken. In der Regel wird dieser Absinkvorgang durch neuen, wasserreichen Ton ausgeglichen, wechselt der Fluss seinen Verlauf, kann dies allerdings nicht geschehen (Goudie 1996:325).

8.8 Avulsion

Nicht nur bei Deltas kann es zu einer Verlagerung des Flussbettes, also zu einer Avulsion kommen, auch bei (mäandrierenden) Flüssen kann dies vorkommen. Dies geschieht dann, wenn der Fluss einen neuen Seitenarm bekommt, dessen Bett tiefer liegt, als das ursprüngliche Flussbett. Auch das „Abschneiden“ von Mäanderbögen gehört demnach zur Avulsion. Zunächst kommt es zu einem Bruch im levée (also dem Damm). Da das in den Bruch eindringende Wasser schon einen gewissen Weg im Fluss zurückgelegt hat, führt es nicht mehr allzuviel Fracht mit sich und ist damit unterhalb seiner Transportkapazität – folglich kann an der neuen Öffnung Material erodiert werden. Dies wiederum hat einen erhöhten Abfluss zur Folge. Ob die neue Öffnung zum neuen Flusslauf wird oder nicht, hängt davon ab, ob die Erosion so weit fortschreiten kann, dass der neue Flusslauf tiefer als der ursprüngliche liegt. Zunächst hängt also alles an der Erosion und den Menge der vom Fluss transportierten Sedimente. Liegt der neue Flusslauf zunächst noch höher als das eigentliche Flussbett, kann es dennoch bei Hochwasserereignissen zu einer starken Erosion und Tieferlegung kommen.

8.9 Bodenerosion

Von Bodenerosion spricht man meist dann, wenn Boden durch vom Menschen hervorgerufene Prozesse abgetragen wird. Durch Erosion auf Boden werden verschiedene Formen hervorgerufen. Dazu gehören Rillen, Rinnen und Gräben. Vor allem auf landwirtschaftlich genutzten Flächen werden solche Unregelmäßigkeiten durch Bodenbearbeitung wieder ausgeglichen. Gut zu beobachten ist der Schutz, den eine geschlossene Vegetationsdecke vor Abtragung bietet, am Übergang von landwirtschaftlicher Nutzfläche zu Wald. Dort entsteht, da die Waldfläche nicht erodiert wird und damit höher liegt, eine sogeannte Kulturwechselstufe.
Da das Material, dort wo es erodiert wird, fehlt, spricht man von einem on-site-Schaden, die Schäden an dem Ort, an dem das Material wieder abgelagert wird bezeichnet man dagegen als off-site-Schaden. Dieses durch Erosion akkumulierte Sedimentmaterial bezeichnet man als Kolluvium.
Bei guten Böden führt Bodenerosion zu einer kurzzeitigen Zunahme der Bodenfruchtbarkeit, da tieferliegende, nährstoffreiche Schichten freigelegt werden. Dies ist vor allem bei Lössböden zu beobachten, die sehr leicht erodierbar sind. Verschwindet aber auch diese Schicht, kommt es zu einem drastischen Absinken der Erträge.

Zu den negativen Auswirkungen am Abtragunsort gehören die Verringerung der Solumsmächtigkeit (geringe Wasserspeicherung, geringere Nährstoffvorräte), die Verringerung der Filter-, Puffer- und Transformatorfunktion der Grundwasserdeckschichten. Zu den negativen Folgen am Akkumulationsort gehören die Verschüttung von Saaten und jungen Pflanzenbeständen. (Zepp 2002:132)

Während am Ort der Erosion die nährstoffreichen Schichten langfristig abgetragen werden, profitiert davon der Ablagerungsbereich. Da dieser mit humosem Kolluvium (der ehemalige Pflughorizont) angereichert wird, steigt hier die Fruchtbarkeit. Dies gilt natürlich nur dann, wenn sich der Standort überhaupt für eine entsprechende Vegetation eignet. Es kann sich jedoch auch um eine Straße handeln, die dann verschüttet wird oder um ein Gewässer. Eine negative Folge kann auch die Austragung von in den Ackerboden eingebrachten Chemikalien sein.
Der Abtrag durch Bodenerosion lässt sich über die Allgemeine Bodenabtragsgleichung empirisch erfassen (Wischmeier 1959, Schwertmann, Vogl & Kainz 1987). Diese sieht wie folgt aus:

A   R   K   LS    C  P
(3)

Dabei gilt:
R = Erosivität der Niederschläge
K = Erodierbarkeit des Bodens
LS = Hanglängen- und Neigunsfaktor
C = Bodenbedeckungs- und Bearbeitungsfaktor
P = Erosionsschutzfaktor

8.9 Verwendete Literatur

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