Zur geschichtlichen Entwicklung der Stadt Leipzig

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Von den Anfängen bis zur Frühen Neuzeit

Leipzigs erste Erwähnung findet sich 1015 n.d.Z. in der Chronik des Bischofs Thietmar von Merseburg, in der er vom Tod des Bischofs von Eiden schreibt, dass dieser sich bei einer Burg „libzi“ ereignet habe. Der Name „libzi“ entstammt dem Altsorbischen und bedeutet wohl „Ort bei den Linden“. Erste Siedlungsspuren in Leipzig und Umgebung lassen sich etwa 6000 Jahre zurückdatieren. Die Gegend um Leipzig herum war zu Zeiten der ersten Besiedelung eine weitverzweigte und sumpfige Flusslandschaft, in der ein weitflächiges Plateau umgeben von Auenwäldern ideale Siedlungsvoraussetzungen bot. Von den zahlreichen Sorben, die sich in der Zeit der Völkerwanderung in der Leipziger Gegen niederließen zeugen heute noch viele Name, wie etwa der des Stadtteils Möckern, der wohl „feucht“ bedeutet. Im Zuge der sogenannten Ostexpansion, kamen im 10. Jahrhundert zahlreiche deutsche Bauern in das bis dahin weitgehend von Slawen bewohnte Gebiet. Man nutzte die bereits bestehende slawische Burganlage und baute sie großzügig aus. Kurz nach der ersten Erwähnung Leipzig begann die Region zu prosperieren. Man schätzt, „dass sich die Bevölkerungszahl im sächsischen Raum zwischen den Jahren 1100 und 1300 etwa verzehnfachte. Im gleichen Zeitraum stieg die Produktion von Nahrungsmitteln rasch an, wovon wiederum Handel, Handwerk und Verkehr profitierten. An die Stelle neuer Siedlungen trat die Verdichtung der bereits vorhandenen in den Vordergrund“ (Bergfeld 2002: 10). An die Burg schloss sich alsbald eine kleine Siedlung mit Markt an, an dem nicht nur mit Nachbardörfern gehandelt wurde, sondern auch Fernhandel betrieben wurde, da sich hier die via regia, die von Erfurt bis nach Russland verlief, mit der via imperii, die von Italien bis an die Ostsee reichte, kreuzte. In der Zeit der Stadtgründungswelle im 12. Jahrhundert hob sich Leipzig bereits deutlich von den umliegenden Dörfern ab und erwarb das Stadtrecht. Anfang des 13. Jahrhunderts erhielt Leipzig eine Stadtbefestigung, bestehend aus einer doppelten Mauer, mit Graben und vier befestigten Stadttoren. Der Mauerverlauf entsprach etwa dem des heutigen Innenstadtrings, markiert den heutigen Bereich der Innenstadt (City) und wurde im Zuge der Entfestigung im 18. Jahrhundert abgetragen. 1212 wurde die Burg durch Kaiser Otto IV. zerstört.


1409 wurde die nach Heidelberg zweitälteste Universität Deutschlands gegründet, in der anfänglich Hauptsächlich Theologen und Juristen ausgebildet wurden. Weiterhin wurde Leipzig im 15. Jahrhundert Standort mehrerer Gerichte und anderer wichtiger Institutionen und wurde Standort mehrerer bedeutender Jahrmärkte.


1507 erhielt Leipzig das Stapelrecht, das vorschrieb, dass im Umkreis von etwa 120 Kilometern alle Waren auf dem Leipziger Markt angeboten werden musste. Mit dieser bedeutenden Expansion schaltete die Stadt nicht nur Konkurrenzstädte aus, sondern etablierte sich zu einem der bedeutendsten Handelsplätze im östlichen Reich, was sich auch darin ausdrückte, dass sowohl die Fugger, als auch die Welser hier Faktoreien (Handelsniederlassungen) gründeten. Die Stadt, mittlerweile das wichtigste Finanzzentrum Mitteldeutschlands, zählte Ende des 15. Jahrhunderts etwa 6500 Einwohner. Hinzu kamen gewaltige Silberfunde, die der Stadt zusätzlichen Reichtum bescherten, der sich in einer regen Bautätigkeit, hauptsächlich im Spätgotischen Stil, Ende des 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts niederschlägt. Aus dieser Zeit stammen beispielsweise die Thomas- (eines der steilsten Kirchendächer Deutschlands) und die Nikolaikirche (hier entstanden die berühmten Montagsdemonstrationen), die beide dem Typ der obersächsischen Hallenkirche angehören.


Aufgrund des starken Platzmangels entwickelte sich die für die Stadt typischen Durchgangshöfe, unter ihnen eines der berühmtesten Restaurants der Welt, Auerbachs Keller, in dem sich Goethe inter pocula zur Szene Auerbachs Keller in Leipzig (Faust) inspirieren ließ. Die Renaissancebauten, die sich in der Innenstadt finden, stammen zumeist aus dem späten 16. und dem Anfang des 17. Jahrhunderts. Bedeutendstes Beispiel ist das Alte Rathaus, das bis 1904 als solches in usus war. Da die Stadt sich an finanziellen Spekulationen im Bergbau beteiligte und sich ordentlich verspekulierte kam es zu einer hohen Verschuldung, von der sie sich lange nicht erholen sollte. Hinzu kam der 30-jährige Krieg, dessen Auswirkungen Leipzig zwar erst spät, jedoch mit voller Wucht zu spüren bekam. Die Stadt wurde Schauplatz zahlreicher Belagerungen und Seuchen, bis sie schließlich bis zum Westfälischen Frieden 1648 acht Jahre lang von Schweden besetzt gewesen war. Die Einwohnerzahl war auf 14000, im Gegensatz zu 20000 vor den Kriegswirren, gesunken. Nach dem Krieg entwickelte sich vor allem durch die wieder stark gewachsene Universität ein reges Geistesleben, das allerdings keinen sonderlich fruchtbaren Boden fand. Der Universalgelehrte Gottfried Wilhelm Leibnitz kehrte der Stadt genauso den Rücken, als er für zu jung für eine Promotion erachtet wurde, wie der große Hexentheoretiker Christian Thomasius, weil man seine auf Deutsch gehaltenen Vorlesungen nicht dulden wollte. Dennoch entstanden in Leipzig sowohl die erste wissenschaftliche Zeitschrift Deutschlands als auch die erste deutschsprachige wissenschaftliche Zeitschrift. Auch wirtschaftlich entwickelte sich die Stadt wieder, was durch den bedeutendsten Barockbau der Stadt, der Alten Börse, hinter dem Alten Rathaus einen deutlichen Ausdruck findet (Börseneröffnung: 1679/Fertigstellung des Gebäudes: 1687).


Absolutismus und Aufklärung bis zum Ende des 19. Jahrhunderts

Das 17. und 18. Jahrhundert brachte Leipzig einen enormen Aufschwung des bis dahin noch nicht allzu ausgeprägten kulturellen Lebens. Auch die wirtschaftliche Entwicklung Leipzigs im 17. Jahrhundert ist als äußerst positiv zu bewerten. Die Bedeutung der Leipziger Messe hatte quantitativ wie qualitativ zugenommen. Zahlreiche polnische und russische Kaufleute hatten sich niedergelassen und die Messe wurde von zahlreichen Berühmtheiten, wie Zar Peter I. besucht, was ihre Berühmtheit deutlich steigerte. Die Stadt erwarb weitere Besitzungen, wie das nahe gelegene Rosental, das mit Straßen und Wegen an die Stadt angebunden wurde. Ein dort geplantes Schloss wurde allerdings nicht gebaut, wie insgesamt im Stadtgebiet keine zu finden. Ausnahmen sind das sich damals noch nicht im Stadtgebiet liegende Gohliser Schlösschen und die Pleißenburg, die im eigentlichen Sinne nicht als Schloss, sondern als mittelalterliche Festung zu bezeichnen ist. Der Beginn des 18. Jahrhunderts ist eng mit dem Namen des reichen Händlers Andreas Christian Apel verbunden. Dieser kaufte nicht nur das Haus am Markt und baute es so um, dass es nur noch als „Königshaus“ bezeichnet wurde, sondern prägte auch im größeren Rahmen das Stadtbild. Er ließ in der Westvorstadt eine prachtvolle Gartenanlage anlegen, die weit über die Stadtgrenzen hinaus Berühmtheit erlangte. Der erste dieser Art von Gärten, die bald das Stadtbild prägen sollten, wurde 1685 gebaut. Anfang des 18. Jahrhunderts waren es bereits 30. Apels Garten war nicht nur Garten, sondern ein Part mit Orangerien, Skulpturen und Lusthäusern und avancierte bald zum Ort wichtiger gesellschaftlicher Anlässe. 1702 startete die Stadt ein ausgedehntes Begrünungsprogramm, das sich vor allem auf Bereich außerhalb der Stadtmauern konzentrierte, da sonst kein Platz war. Zunächst wurde dort, wo sich heute der Dittrichsring befindet der Stadtgraben aufgefüllt, mit Bäumen bepflanzt und eine zeitgemäße Promenade angelegt. Die sich vor dem Halleschen Tor befindende Bastei wurde 1735 abgerissen, um den die Stadt umgebenden Promenadenring Platz zu machen. Zahlreiche andere Begrünungsvorhaben wurden im 18. Jahrhundert verwirklicht. Aber auch innerhalb der Stadtmauern veränderte sich das Stadtbild drastisch. Über ein Drittel der Bausubstanz wurde neu angelegt oder gründlich saniert. Diese durch den wirtschaftlichen Aufschwung ausgelöste Entwicklung schlug sich in der vom Selbstbewusstsein der Bürger zeugenden Barockbebauung nieder. Interessant in dieser Hinsicht sind die zahlreichen Messegewölbe, die aufgrund des schon angesprochenen Platzmangels mit Durchgängen gestaltet wurden. Diese ersetzten die Querstraßen. In den Erdgeschossen wurde Handel getrieben, die oberen Stockwerke dienten als Wohnungen und Lagerräume. Leider wurden im Zweiten Weltkrieg der größte Teil dieser Gebäude zerstört. Im 18. Jahrhundert befanden sich in Leipzig zahlreiche Manufakturen, die zumeist Tücher produzierten und sich aufgrund des knappen Raums in den Vororten niederließen, die so schnell wuchsen. Ein anderer bedeutender Wirtschaftszweig war der Buchdruck, der unter anderem durch die zahllosen Publikationen, u.a. mehrere der bedeutendsten Lexika der Zeit und zahlreich durchaus als fortschrittlich zu bezeichnende Zeitungen und Zeitschriften, welche in der Stadt entstanden, gefördert wurde. Später (am Anfang des 19. Jahrhunderts) ließen sich bedeutende Verlage wie Reclam und Brockhaus in Leipzig nieder.

Das Zeitalter der Aufklärung machte sich in Leipzig durch die Öffnung der städtischen Bibliothek für die Öffentlichkeit und eine große Anzahl an Schulgründungen, auch für Kinder armer Eltern bemerkbar. Von Leipzigs damaligem Ruf als Stadt der Literatur und des Theaters zeugte das den Bomben des Zweiten Weltkriegs zum Opfer gefallene „Comoedienhaus“, welches als eines der schönsten Deutschlands galt. Es war üblich gewesen, dass Theaterstücke von durch die Lande ziehenden Schauspielern gespielt wurden. Dies waren zumeist seichte Unterhaltungsstücke. Doch 1727 führte die Theatergruppe der Neuberin genannten Frederike Caroline Neuber ihr erstes Stück in Leipzig auf. Die von dieser Gruppe aufgeführten Stücke waren ernstes Schauspiel und begründeten eine neue Theatertradition, mit der in besonderem Maße der an der Leipziger Universität lehrerende Johann Christoph Gottsched in Verbindung steht. Bei ihm studierten zahlreiche berühmte Literaten, von denen an dieser Stelle Friedrich Gottlob Klopstock, Gotthold Ephraim Lessing und Johann Wolfgang Goethe zu nennen sind. Auch Schiller, der sich allerdings später nicht unbedingt positiv über Leipzig äußerte wirkte in der Stadt und schrieb hier in Gohlis eine Fassung seiner berühmten „Ode an die Freude“. Auch musikalisch hatte Leipzig einiges zu bieten. Neben den Stadtpfeifern und Stadtgeigern wirkten hier Georg Philipp Telemann, Johann Sebastian Bach sowie Felix Mendelssohn Bartholdy, Albert Lorzing sowie Robert und Clara Schumann. Um den düsteren Gaststätte zu entkommen wurde 1693 das am Brühl ein Opernhaus errichtet und 1780 die Stadtbibliothek zum weltberühmten Gewandhaus umgebaut.

Nach dem Siebenjährigen Krieg und sechsjähriger preußischer Besatzung kam es durch verbesserte Kriegstechnik auch in Leipzig zu einer weitreichenden Entfestigung. Der durch den Abtrag der Stadtbefestigung 1770 entstandene Platz wurde nicht bebaut, da sich die Vororte Leipzigs schon entwickelt hatten, sondern für den schon erwähnten Promenadenring genutzt. Die Stadttore wurden jedoch erst im 19. Jahrhundert abgerissen. Ende des 18. Jahrhunderts war Leipzig von Grund auf modernisiert: Hausnummer und Straßenschilder waren angebracht worden, es gab eine Straßenbeleuchtung sowie ein funktionierendes Postsystem.

Während der Französischen Revolution blieb es ruhig um Leipzig. Erst in der Napoleonischen Zeit kam es in Leipzig zu dramatischen Veränderungen. 1813 kam es zur sogenannten Völkerschlacht, die bis dahin nicht gekannte Ausmaße annahm und die Stadt mit Verwundeten und Leichen übersäte. Zahlreiche Ortschaften um Leipzig herum wurden dem Erdboden gleichmacht. Nach dem Wiener Kongress musste Sachsen 58% seines Gebietes an Preußen abtreten, was zur Folge hatte, dass Leipzig von seiner zentralen Lage an den Ranz des sächsischen Zollgebietes verlegte und sich einige Dörfer, die die Stadt ursprünglich mit Lebensmitteln versorgt hatte, nun in Preußen lagen.

Dessen ungeachtet begann, gefördert durch die 1834 gefallenen Zollgrenzen und die Industrialisierung das Stadtbild zu verändern. Die Stadt weitete sich aus und wuchs in die Vororte hinein. Im Osten und Nordosten entstanden repräsentative Wohnanlagen. Der Dorfcharakter der Vororte ging binnen weniger Jahre vor allem durch die Ansiedelung zahlreicher Gewerbebetriebe zugrunde. Dass diese Entwicklung nicht von allen gern gesehen waren kam in der Julirevolution 1830 zum Ausdruck, als es in Leipzig zu mehreren Revolten von Handwerkern und Gesellen kam, die u.a. drohten eine Dampfmaschine zu zerstören und den Brockhausverlag zeitweise dazu zwangen, auf seine Schnelldruckpresse zu verzichten.

1833 traf der Ökonom Friedrich List in Leipzig ein, der einen visionären Plan verfolgte: Er wollte ausgehend von Leipzig ganz Deutschland mit einem dichten Eisenbahnnetz überziehen. Schon drei Jahre später begann der Bau einer Eisenbahnlinie von Leipzig nach Dresden, auf der bereits ein Jahr später der erste Zug rollte. Der Zugverkehr hatte dramatische Auswirkungen: vorher benötigte eine Pferdekutsche 5 Tage, jetzt war man in unter vier Stunden in Dresden. Der Wirtschaftsboom, der durch die Eisenbahn ausgelöst wurde war gigantisch. Es begann ein florierendes Geschäft mit Überseewaren wie Baumwolle oder Tabak, die sonst an Leipzig vorbei gehandelt worden waren. 1837 wurde bereits eine zweite Linie nach Magdeburg eingeweiht. Im Zuge der 1839 eingeweihten Eisenbahnlinie nach Hof wurde in Leipzig der erste deutsche Staatsbahnhof gebaut, welcher heute zu den ältesten erhaltenen Bahnhöfen der Welt zählt. 1873 verließ die letzte Postkutsche die Stadt, denn Sachsen besaß das dichteste Eisenbahnnetz Deutschlands.

Die vielfältigen Industriebetriebe, die in Leipzig entstanden bis Mitte des 19. Jahrhunderts in den Vororten, danach siedelten sich die Betriebe hauptsächlich im Westen gelegenen Plagwitz an. In den 1840er Jahren erwarb der Industriepionier Karl Heine die ehemaligen Ortschaften Plagwitz und Lindenau, die in der Folgezeit systematisch erschlossen wurden und somit zur ersten planmäßig erschlossenen Industriegebiet Deutschlands wurde. 1888 gab es in Plagwitz, das internationale Bedeutung erlangt hatte 150 Industriebetriebe mit mehr als 6000 Beschäftigten. Trotz einer relativ konservativen und teilweise repressiven sächsischen Regierung entwickelte sich mit Persönlichkeiten wie August Bebel und Karl Liebknecht entwickelte sich Leipzig zu einem der Zentren der deutschen Arbeiterbewegung und der Sozialdemokratie.

1837 wurde nördlich der Stadt ein Gaswerk gebaut, das die für die Stadt typischen, „Schinkelleuchten“ genannten Laternen versorgte, bis 1895 endgültig auf elektrisches Licht umgestellt wurde. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, zu Beginn einer Zeit, die heute fälschlicherweise oft Gründerzeit genannt wird (Gründerzeit meint ursprünglich den Zeitraum von der Reichsgründung 1871 bis 1873), zu einer gewaltigen Bautätigkeit, die sich allerdings auf die Vorstädte konzentrierte. Einzig nennenswerte Veränderung in der Altstadt war der Bau von Trottoirs. 1850 zählte die Stadt 63000 Einwohner, eine Zahl, die sich bis zum Ende des Jahrhunderts fast verzehnfachten sollte. Die Bevölkerungszunahme stand in Zusammenhang mit den äußerst positiven wirtschaftlichen Entwicklungen, die auch mit den Reparationszahlungen zu tun hatten, die von Frankreich aus ins Land flossen. Maßgeblich waren jedoch die positiven Entwicklungen der Industrie, die stolz zu präsentieren wusste. 1897 veranstaltete man die „Sächsisch-Thüringische Industrie- und Gewerbeausstellung“, an der sich über 3500 Firmen präsentierten. Für die Messe wurde 400000 Quadratmeter großer Park angelegt in man unter anderem das Leipziger Rathaus aus dem Mittelalter 1:1 und sogar die Wartburg nachbaute. Von der Messe erhalten geblieben sind ein Pavillon und mehrere Teiche. Die sonst abgehaltenen Messen in Leipzig befanden sich jedoch in der Krise. Durch die industrielle Massenproduktion kam es zu gleichbleibender Qualität der Waren, was dazu führte, dass die Begutachtung der Waren auf Messen überflüssig wurde. So wandelte sich das Messewesen zu einem reinen Mustermessewesen, das schnell florierte und zahlreiche Veränderungen nach sich zog. Neben einer Vielzahl an Neubauten bekam die Stadt das Städtische Kaufhaus, wozu das Gewandhaus und mehrere andere Gebäude abgerissen wurden. Insgesamt brach am Ende des 19. Jahrhunderts ein regelrechter Bauboom in Leipzig aus. Zu dieser Zeit wurde nicht nur eine Flaniermeile angelegt, sondern auch der zweite Monumentalbau, der in der Kaiserzeit vollendet wurde, gebaut. Das Reichsgericht wurde von den Architekten Ludwig Hoffmann und Peter Dybwad entworfen. Die Idee für den Entwurf soll angeblich in einer Münchner Kneipe entstanden sein. Gebaut wurden außerdem eine Reihe neuer Kirchen in den nun zahlreich eingemeindeten Dörfern. Mit Hermann Julius Meyer, dem Besitzer eines Verlages, hatte Leipzig einen Vertreter des sozialen Wohnungsbaus, auf dessen Engagement an vielen Stellen sogenannte „Meyersche Häuser“ entstanden.

Das 20. Jahrhundert

1905 weihte der sächsische König Friedrich August III. das an der Stelle der Pleißenburg gebaute historistische Neue Rathaus ein, das benötigt wurde, nachdem die Einwohnerzahlen drastisch gestiegen waren. Der Ausbau des öffentlichen Verkehrs zeigte eine rasante Entwicklung: 1703 gab es das erste Unternehmen, dass die Menschen mit Sänften (man konnte sich während der „Fahrt“ sogar rasieren lassen) transportierte. 1841 wurden Fiaker (zweispännige Kutschen) eingeführt, 1860 wurde eine Omnibusgesellschaft (Pferdeomnibusse) gegründet, der bald neue folgten. 1871 wurde eine Pferdeeisenbahn gebaut. Das Unternehmen, mit Sitz in London beförderte 1895 bereits 21 Millionen Fahrgäste. Ab 1912 wurde Leipzigs Gesicht durch Monumentalbauten geprägt. Zunächst entstand das Völkerschlachtdenkmal, das heute immer noch größte Denkmal Europas, 1915 wurde der Leipziger Hauptbahnhof, der größte Kopfbahnhof Europas, eingeweiht. Da sich die sächsische und die preußische Bahnverwaltung den Bahnhof teilte, gab es alles doppelt: zwei Empfangshallen, zwei Fahrkartensystem und auch zwei Dienstvorsteher, die man morgens dabei beobachten konnte, wie sie sich die Hände gaben. Unbeirrt vom Kriegsgeschehen wurde in der Stadt fleißig gebaut: ein Stadtbad, das Hotel „Astoria“ und die Deutsche Bücherei, um nur einige zu nennen. Aber vor allem baute man jetzt in die Höhe. Zunächst entstand am Augustenplatz ein elfstöckiges Hochhaus. 1929 wurde gegenüberdas dreizehnstöckiges Europahochhaus gebaut, das den Anfang der geplanten Ring-City des Generalbebauungsplanes darstellte. 1923 wurde durch Friedrich Ebert der „Weltflughafen Leipzig“ errichtet. In der Zeit der Nationalsozialisten war Leipzig mit über 700000 Einwohnern eine der größten Städte Deutschlands. Aufgrund der guten Voraussetzungen wurde die Stadt ein Zentrum des Flugzeugbaus und hierdurch ein Ziel für Luftangriffe. 1943 wurde Leipzig durch die Casablanca-Direktive Angriffsziel erster Ordnung. Zwischen 1943 und 1945 wurde die Innenstadt fast völlig zerstört. Insgesamt waren 44000 Wohnungen und über 800 öffentliche Gebäude zerstört. 80000 Wohnungen waren schwer beschädigt. Besonders betroffen war das Grafische Viertel, welches so schwere Beschädigung erfuhr, dass Leipzig seinen Ruf als Buchstadt nie wieder wie vor dem Krieg aufbauen konnte. In den 50er Jahren wurde wieder an den Ring-City-Plan angeknüpft. Unter sowjetischer Besatzung wurden sieben- bis neunstöckige monumentale Bauten am Rossplatz. Die Bauten, die die Innenstadt umringen, erinnern an die Berliner Stalin-Allee. 1946 wurde ein neuer Bebauungsplan vorgestellt, der unter anderem festlegte, dass die für Leipzig typischen Passagen, die Ringpromenade sowie die Straßenanlage erhalten bleiben müsse. Westlich von Leipzig entstand Anfang der 50er Jahre das erste Neubaugebiet der DDR, das an Neu-Lindenau angeschlossen wurde. Sozialistisch geprägt wurde die Stadt architektonisch besonders ab Mitte der 50er Jahre, als auf industrielle Bauverfahren umgestellt wurde und in einer zweiten Phase zum 20. Geburtstag der DDR. Ein neues Städteleitbild sorge aber hier dafür, dass gelockert gebaut wurde und ausreichend Grünflächen mit eingeplant wurden. Insgesamt wurde in der Zeit der ehemaligen DDR viel in Leipzig gebaut. Zahlreiche Neubaugebiete, darunter Leipzig-Grünau aus den 70er Jahren mit 100000 Einwohnern. Und in den 80ern Paunsdorf, gebaut für 50000 Menschen. Leider wurde mehr in Neubauten als in die Renovierung alter Bausubstanz investiert, was zur langsamen Zerstörung vieler alter Gebäude führte. Probleme dieser Zeit waren der Ausbau der Infrastruktur und die starke Umweltverschmutzung durch die zahlreichen Industriebetriebe, die um die Stadt herum lagen. Hinzu kamen starke landschaftliche Veränderungen durch die Kohleförderung, die besonders in den 80er Jahren vorangetrieben wurde. Zwischen 1928 und 1989 wurden so in der Leipziger Gegend 76 Ortschaften zerstört. Ende der 80er hatte sich das Stadtbau-Leitbild gewandelt. Nun wurden ganze Straßenzüge abgerissen und durch Plattenbauten wieder „befüllt“. Als 1989 die Mauer fiel war Leipzig stark heruntergekommen. Für 1989 verzeichnet die amtliche Statistik 15000 1990 17000 Abwanderungen.

In der Zeit zwischen der Wende bis Mitte der 90er Jahre wurde das Leipziger Stadtbild von Imbisbuden dominiert. Da sich die Eigentumsansprüche nur schwer klären ließen wurde in der Innenstadt nur langsam gebaut. Deshalb wurde zunächst auf die grüne Wiese ausgewichen, so wurden bis Mitte der 90er Jahre, auch aufgrund der Sonderförderung von Investitionen, neun Einkaufszentren vor Leipzig gebaut. Während in Dresden oder in Chemniz weiterhin auf die Industrie gesetzt wurde, konnte man in Leipzig den Großteil der Industrieanlagen nicht erhalten, was zahllose Arbeitslose zur Folge hatte. Im Rahmen des Strukturwandels entstanden viele Arbeitsplätze im Dienstleistungssektor. Hier vor allem im Bankengeschäft (Leipzig ist nach Frankfurt die zweitgrößte Bankenstadt). Der Stadtumbau begann unter dem Werbeslogan „Boomtown des Ostens“. Zunächst wollte Leipzig wieder an seine Messetradition anschließen und die Stadt ließ am ehemaligen Mockauer Flugplatz ein neues Messegelände errichten. Während die Filialisierung der Innenstadt schnell voranschritt, verwandelte sie sich nur langsam von Wohnviertel in einen Geschäftsbereich. Ende der 90er Jahre war der Bauboom vorbei, bei dem es zeitweise bis zu 3000 Baustellen gleichzeitig gegeben hatte. Neben der Sanierung einer Unmenge an Altbauten bei der historische Bausubstanz gerettet wurde, wie dem Reichsgericht, der Hauptbahnhof oder das Gohliser Schloss, stießen manche Bauvorhaben auch auf Kritik. Vor allem der Augustenplatz war schwer umstritten. Trotz der schlechten Lage auf dem Arbeitsmarkt präsentierte sich Leipzig auf der EXPO 2000 selbstbewusst und stellte die ökologische Umgestaltung des Leipziger Südens oder die Stadtteilentwicklung in Plagwitz vor. Vor allem in den Nordosten der Stadt wurde investiert. Die Infrastruktur des Nordostens wird als eine der besten in Europa bezeichnet. Dort wurde 1994 das Quelle-Versandhaus gebaut, die Bahn als auch die Post siedelten sich großflächig an, als auch BMW.

Literatur:

Bergfeld, Ingo (2002): Leipzig. Eine kleine Stadtgeschichte. Erfurt.