Geographische Gesundheitsforschung

Dieses Ausführungen basieren auf Kistemann & Schweikart (2010), Butsch & Sakdapolrak (2010).
Die geographische Gesundheitsforschung hat ihre Wurzeln in der Krankheitsökologie des 18. Jahrhunderts. Aber schon vor über 2000 Jahren beschäftigte sich der griechische Arzt Hippokrates von Kos mit den Zusammenhängen zwischen Umweltbedingungen und den Lebensgewohnheiten der Menschen. Während sich die Medizinische Geographie v.a. mit diesen Zusammenhängen zwischen solchen Faktoren, wie z.B. Oberflächentemperaturen, Klima, Höhenlage oder Wasservorkommen und dem Risiko einer Erkrankung mit den Methoden der Fernerkundung, kartographischen Darstellungen und Geographischen Informationssystemen beschäftigt, liegen die Aufgaben der Gesundheitssystemforschung in der Beantwortung von Fragestellungen, die mit den Zugangsvoraussetzungen und -barrieren, der Gesundheitsversorgung, der Effizienz von Gesundheitssystemen u.ä. zu tun haben. Weitere Themen der Gesundheitssystemforschung sind


die Leistungserbringung von Gesundheitssystemen unter Stress [...] [,] Interventionsmechanismen, die Etablierung von Gesundheitsberichterstattung, die Optimierung der Ressourcenallokation, die Integration nicht westlicher Medizinsysteme in die Regelversorgung, sowie die Analyse von Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen. (Butsch & Sakdapolrak 2010:14)


Die ermittelten Daten sollen nicht nur der Information und der Erkenntnis über geographische Verbreitungsmuster, sondern auch als Planungsgrundlage dienen. Für die Situation in Deutschland ergibt sich das Bild eines Strukturwandels im Krankenhausbereich. Einerseits nimmt die Zahl der Krankenhäuser in Deutschland sowie die Bettenzahl ab. Gleichzeitig verkürzt sich die durchschnittliche Aufenthaltsdauer bei einer Zunahme der Fallzahlen. Damit sinkt einerseits die Kapazitätsauslastung, was zu einem Belegungswettbewerb führt. Andererseits sind Krankenhäuser aber auch durch die kürzere Verweildauer der Patienten produktiver geworden, was zu einem erhöhten Bedarf an Personal geführt hat (Krafft, Baun & Kortevoss 2010). Zu diesem Strukturwandel beigetragen hat auch die Umstellung des alten Budget-Misch-Systems auf ein diagnosebezogenes Fallpauschalen-System, die sogenannten German Diagnosis Related Groups, kurz G-DRGs. In diesem diagnosebezogenen Fallsysem werden Leistungen an Patienten klassifiziert werden; entsprechend der Klassen kann nun abgerechnet werden. Dies führte zu einer Verwirtschaftlichung des Krankenhauswesens. So wurde die Eigenverantwortung der Krankenhäuser gestärkt und der Markt für private Anbieter geöffnet. Auch eine zunehmende Spezialisierung der Krankenhäuser war eine Folge.
Ein Beispiel für die Wechselbeziehungen zwischen Umweltfaktoren und Erkrankungsrisiko ist die besonders in den Tropen und Subtropen verbreitete Malria. Sie wird von der Stechmücke Anopheles übertragen, die spezifische Lebensräume bevorzugt, zu deren Kennzeichen schattige Rast- und feuchte Brutplätze mit guter Wasserqualität gehören. Der Klimawandel trägt mit regionalen Temperaturanstiegen dazu bei, dass die Anopheles-Mücke neue Lebensräume erschließen kann. Ein weiteres Beispiel ist die Verteilung von Gesundheit zwischen Industrie- und Entwicklungsländern, denn in einem Industrieland geboren zu werden, bedeutet für ein Kind eine 13-mal höhere Chance, den 5. Geburtstag zu erleben, als für ein Kind aus einem armen Land. Für die hohe Kindersterblichkeit (2005 etwa starben 10 Millionen Kinder unter 5 Jahren) verantwortlich sind häufig aus medizinischer Sicht vermeidbare Ursachen (Butsch & Sakdapolrak 2010:12).
In den letzten Jahren fand in der geographischen Gesundheitsforschung ein Paradigmenwechsel weg von der Krankheitsökologie, hin zu einem salutogenetischen Ansatz statt, d.h. das Feld orientiert sich heute nicht mehr so sehr an Krankheiten, sondern eher an der Förderung der Gesundheit. Dabei geht es nicht nur um den Einsatz moderner Technik, wie GIS, sondern z.B. auch um quantitative Untersuchungen „subjektive Empfingungen bezüglich Orten“ Kistemann & Schweikart (2010:9).
Weitere Faktoren, die untersucht werden, sind z.B. der Zusammenhang zwischen Einkommen und Gesundheit. Während in früheren Zeiten angenommen wurde, dass prinzipiell ein Zusammenhang zwischen hohem Einkommen und Gesundheit bestünde, da man besseren Zugriff auf Gesundheitsleistungen hätte, wird heute davon ausgegangen, dass kein direkter Zusammenhang zwischen den beiden Fakoren besteht: „So ist beispielsweise das Pro-Kopf-Einkommen Südafrikas doppelt so hoch wie das Kubas, die Lebenserwartung in Südafrika ist jedoch 32 Jahre geringer“ (Butsch & Sakdapolrak 2010:12). Weitere Einflussfaktoren treten neben dem Einkommen hinzu: soziale Ungleichheiten, medizinischer Fortschritt, Stand der Hygiene und Infrastruktur, Wasserversorgung, u.a. Auch eine umgeherkte Einflussnahme ist nicht auszuschließen: Mehr Gesundheit führt zu mehr Wohlstand.
Die Gesundheitsentwicklung eines Landes lässt sich mit dem Modell des Gesundheitsübergangs (ähnlich dem Modell des demographischen Übergangs) veranschaulichen (z.B. Martens 2002 und Butsch & Sakdapolrak 2010:13). Im Laufe des dort beschriebenen Übergangsprozesses steigt die Lebenserwartung:

Phase 1 spielt besonders in Entwicklungs- und Schwellenländern eine Rolle (hauptsächlich das subsaharische Afrika), Länder können auch durch Naturkatastrophen oder Kriege von einer Phase in die vorhergehende zurückgeworfen werden. Auch Mischformen tauchen auf. So kann es vorkommen, dass in einem Land einerseits Infektionskrankheiten, als auch chronische Krankheiten verbreitet sind. Die Gesundheitsversorgung von Entwicklungs- und Schwellenländern war seit der Zeit nach dem 2. Weltkrieg besonders durch zwei Probleme bestimmt: keine steuerfinanzierte Gesundheitsversorgung, in ehemaligen Kolonialstaaten Konzentration der Gesundheitsversorgung auf Städte, kaum Versorgung auf dem Land. Um diesen Tendenzen entgegenzuwirken wurde 1978 die Alma-Ata-Deklaration verabschiedet, in dem das Leitbild der Primary-Health-Care (PHC) verankert wurde:


Das Konzept des PHC-Ansatzes kann verkürzend so zusammengefasst werden, dass rudimentär ausgebildete „Health Workers“ flächendeckend zur Verfügung stehen, um einfache Krankheitsbilder zu behandeln bzw. bei Bedarf Patienten weiter zu überweisen und Präventionsprogramme durchzuführen [...]. Indien, das zu den konzeptionellen Vordenkern des PHC-Gedankens zählt [...], entsandte nach Unterzeichnung der Alma-Ata-Deklaration „Health Workers“ in landesweit 100000 primäre Gesundheitszentren [...], in China erlangten die Barfuß-Ärzte Bekanntheit. Aufgrund der teilweise recht fragwürdigen Qualität wurde PHC schnell mit „Primitive Health Care“ übersetzt [...] (Butsch & Sakdapolrak 2010:13f.).

Bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt sind die Gesundheitssysteme in Entwicklungs- und Schwellenländern absolut unterfinanziert. Weltweit gesehen werden dort nur etwa 11 % der Gesundheitsausgaben getätigt, wobei nur 18 % des Einkommens fließen. 84 % der Bevölkerung lebt in Schwellen- und Entwicklungsländern, jedoch müssen deren Einwohner 93 % der globalen Krankheitslast tragen (WHO 2000:7). Viele der Nicht-Versicherten Personen der Entwicklungs- und Schwellenländer können sich eine adäquate Gesundheitsversorgung nicht leisten, auch wenn internationale Kampagnen zur Zurückdrängung zahlreicher Krankheiten beigetragen haben (z.B. die Kinderlähmung).
Eines der zentralen Themen der Gesundheitssystemforschung ist der Zugang zu medizinischer Versorgung. Das grundlegende Konzept dieser Zugangsforschung ist der Zugang, der seit Penchansky & Thomas (1981) definiert wird, als der Grad der Anbieter- und Nutzeranpassung, die nach fünf Dimensionen aufgegliedert werden kann: Verfügbarkeit, Erreichbarkeit, Akkommodierung, Erschwinglichkeit und Akzeptanz.
Weiteres großes Thema der geographischen Gesundheitsforschung ist AIDS, einer Epidemie, die sich immer noch ausbreitet. Derzeit leben auf der Erde etwa 33 Millionen AIDS-Infizierte Menschen (UNAIDS 2009:7), davon allein 22 Millionen im subsaharischen Afrika (UNAIDS 2009:21).
Sich epidemisch ausbreitende Seuchen gibt es seit Menschen gedenken. Die in antiken Mythen oder der Bibel erwähnte Pest, hat allerdings meist nichts mit der sich im Mittelalterausbreitenden Lungen- und Beulenpest, die durch das Stäbchenbakterium yersinia pestit übertragen wird. Der Pestepidemie des Spätmittelalters im 14. und 15. Jahrhundert fielen Schätzungen zufolge etwa ein Drittel der Bevölkerung Europas zum Opfer. Zu weiteren berühmten Seuchen zählen die Cholera, die sich besonders im 19. Jahrhundert ausbreitete, aber auch heute ab und zu noch eine Rolle spielt oder die Spanische Grippe die zwischen 1918 und 1920 etwa 25 Millionen Opfer forderte. Zur Verbreitung von hoch ansteckenden Infektionskrankheiten trug und trägt die zunehmende Reisetätigkeit, samt verbesserter Verkehrstechnologie, zunehmende Verstädterung sowie Bevölkerungswachstum bei. Breitet sich eine Infektionskrankheit innerhalb einer Population aus, spricht man von einer Epidemie, breitet sie sich weltweit aus, von einer Pandemie. Scharlach, Scharlach & Dreesman (2010) folgend unterscheiden wir zwischen drei verschiedenen Übertragungsmechanismen:

Mensch-zu-Mensch-Übertragung: Auf verschiedenen Wegen können Krankheiten von Mensch zu Mensch übertragen werden. Dies kann über die Luft geschehen (Tröpfcheninfektion), wie bei verschiedenen Grippevarianten, wie es bei der „Schweinegrippe“ der Fall war. Diese wurde zuerst im April 2009 in Mexiko beobachtet, wenige Tage später in den USA. Die ersten in Deutschland dokumentierten Fälle ließen sich schnell auf USA- oder Mexiko-Reisen, später auch auf Ferienaufenthalte in Spanien zurückverfolgen. Andere Krankheiten wie AIDS oder Gonorrhoe (‚Tripper‘) verbreiten sich über Sexualkontakte. AIDS begann sich in den 1980er Jahren weltweit zu verbreiten. Auch hier ist das Reiseverhalten (besonders Sextourismus), aber auch mangelndes Wissen über Übertragungswege bestimmend. Geographisch bedeutend zur Analyse von Mensch-zu-Mensch-Übertragungen sind Untersuchungen zum Reise- und Verkehrsverhalten. Dafür eignen sich z.B. markierte Geldscheine oder Münzen.

Reservoir Umwelt und Vektor Tier: Als Vektoren bezeichnet man in der Biologie Organismen, die als Krankheitswirte dienen – selbst jedoch nicht unbedingt erkranken müssen. Oft zitiertes Beispiel ist die Anopheles-Mücke, die ein Vektor für Malaria darstellt. Von den etwa 500 bis 800 in Deutschland auftretenden Malaria-Erkrankungen gehen fast alle auf Reisen in tropische oder subtropische Gebiete zurück, wo Anopheles hervorragende Brut- und Lebensbedingungen vorfindet. Die wenigen anderen Erkrankungen kommen durch über Waren oder Gepäck importierte Anopheles-Mücken zustande. Ein weiteres Beispiel ist die Asiatische Tigermücke, die das Denguefieber überträgt. Ursprünglich war die Tigermücke nur in Südostasien verbreitet, kommt aber mittlweile weltweit vor. Das Risiko in einem bestimmten Gebiet an Denguefieber zu erkranken kann beispielsweise bei Google Dengue trends eingesehen werden. Die Verbreitung der Tiermücke resultiert einerseits aus dem Klimawandel, andererseits stellen Autoreifen ein besonderes Risiko dar, die im Freien gelagert werden. Die sich dort bildenden Pfützen bieten der Mücke Brutplätze; nach der anschließenden Verschiffung der Reifen können die Mücken in einem neuen Ausbreitungsgebiet schlüpfen. Tiere als Vektoren spielen in Deutschland besonders in Form von FSME (Frühsommer-Meningoenzephalistis) übertragenden Zecken oder Mäusen, die das Hantavirus übertragen können.

Übertragung durch Wasser und Lebensmittel: Durch Lebensmittel ausgelöste Krankheiten breiten sich selten nennenswert aus, wobei sie dennoch über Lebensmittelexporte weite Strecken zurücklegen können. In Deutschland spielt z.B. die Salmonellenvergiftung eine Rolle. Dies geschieht meist durch nicht ausreichend erhitzte Lebensmittel (Fleisch) oder durch falsche Handhabung (Salmonellen befinden sich meist auf Eierschalen => Hände waschen nachdem man Eier berührt hat). In Entwicklungsländern ist die Cholera von Bedeutung, die über unsauberes Trinkwasser besonders in Flüchtlingslagern oder nach Naturkatastrophen übertragen wird.

Aber nicht nur physische, sondern auch psychische Erkrankungen werden von der Geographie der Gesundheit untersucht. Die mentale Gesundheit gehört zu einer der größten Herausforderungen an unsere moderne Gesellschaft. Um die Gesundheitslast, die aus psychischen (und/oder physischen) Krankheiten entsteht zu messen, werden meist die behinderungsbereinigten Jahre herangezogen, die sogenannten DALYs (engl. disability-adjusted life years):


Im Jahr 2000 machten die neuropsychatrischen Erkrankungen 12,3 % aller verlorenen DALYs aus. Dabei lagen besonders in der Altersgruppe zwischen dem 15. und 44. Lebensjahr für beide Geschlecht die unipolare Depression, die Störungen durch Alkohol, die Selbstverletzung, die Schizophrenie und bipolaren Störungen in der Rankingliste der Gründe fpr die DALYs neben HIV/AIDS, Straßenunfällen, Tuberkulose und Eisenanämie unter den Top 10 [...]. (Lengen 2010:35f.)

Als Weiterentwicklung des salutogenetischen Ansatzes kann das Konzept der therapeutischen Landschaften verstanden werden. Dieses Konzept geht nicht mehr, wie viele frühere Ansätze, von schädlichen Umweltbedingungen und -einflüssen aus, sondern betont den Raum und die Landschaft als Ressource, die zu unserer Gesundheit beitragen kann. Gemeint sein muss damit nicht eine reale Landschaft, sondern auch – mehr im Sinne des cultural turn – individuell wie gesellschaftlich konstruierte Landschaften. Urpsrünglich umfasst das Konzept, das auf den Sozialgeographen Wilbert Gesler zurückgeht:

 

Beispiel: AIDS in Afrika

Ende der 1970er Jahre traten in den USA vermehrt eine Immunschwächekrankheite auf, von der 1983 bekannt wird, dass sie auf den HI-Virus zurückzuführen ist. Das Virus ist mit aller Wahrscheinlichkeit in Afrika vom Affen auf den Menschen übertragen worden, wohl durch eine Verletzung oder durch den Verzehr von Affenfleisch. Eine andere Theorie geht davon aus, dass die Übertragung zwischen den Spezies über in Affennieren kultivierte Polioimpfungen verlief. Das Resultat bleibt das gleiche: Über 30 Jahre lang breitete sich das Virus unerkannt und damit unkontrolliert in Afrika aus. Seit September 2000 ist die Bekämpfung von AIDS eines der 8 Milleniumsziele der UNO.

 

Exkurs: Die Milleniumsziele der UNO
Im September 2000 wurden auf der UN-Vollversammlung 8 sogenannte Millenium-Entwicklungsziele, kurz Milleniumsziele verabschiedet, an welchen neben der UNO, die Weltbank, die OECD und einige NGOs mitarbeiteten. Die Ziele sollten bis 2015 erreicht sein – ein utopischer, aber mutiger Plan. Diese Ziele umfassen die Bekämpfung extremer Armut und Hunger (1), die Gewährleistung einer Grundschulausbildung aller Kinder (2), die Stärkung der Gleichstellung der Geschlechter (3), das Senken der Kindersterblichkeit (4), die Verbesserung der Gesundheit von Müttern (5), die Bekämpfung von AIDS, Malaria und weiteren Erkrankungen (6), die Förderung eines nachhaltigen Umgangs mit der Umwelt (7) und die Schaffung einer globalen Entwicklungspartnerschaft (8). Bei letzterem Punkt geht es z.B. um den Ausbau eines nicht-diskriminierenden globalen Handels- und Finanzsystems.

Dieser Abschnitt basiert soweit nicht anders angegeben auf Geiselhart & Krüger (2007), die sich mit dem AIDS-Problem im südafrikanischen Binnenstaat Botswana beschäftigen – ein Drittel der erwachsenen Bevölkerung sind dort vom HI-Virus betroffen. Häufiger als Männer sind Frauen betroffen; vor allem die Altersgruppe zwischen 25 bis 34: 45 % aller Schwangeren in diesem Alter sind HIV-positiv. Während zu Beginn der 1990er Jahre die Lebenserwartung noch bei 70 Jahren lag (und damit die höchste im subsaharischen Afrika war), beträgt sie heute nur noch etwa 36 Jahre und zeichnet damit ein deutliches Bild für die ganze Region: „Die Chance, dass ein heute im südlichen Afrika geborenes Kind einmal älter als 30 Jahre alt wird, sind schlechter als in England um 1840“ (Geiselhardt & Krüger 2007:54)!
AIDS konnte und kann sich auch noch heute aus verschiedenen Gründen in Afrika und damit in Botswana ausbreiten. Nur eine vertiefte Kenntnis dieser Gründe, die Teils eng mit der afrikanischen Kultur begründet liegen, kann einen Kampf gegen die Krankheit möglich machen. Zu diesen Gründen gehören:

Wichstigstes Ziel jeder Kampagne muss also die Aufklärung sein und damit verbunden die Einführung von Präventionsmaßnahmen, die zu einer Akzeptanz des Gebrauchs von Kondomen führen sollten. Außerdem sollte so weit wie möglich den bereits Betroffenen geholfen werden. Allerdings kostet eine Therapie pro Patient ca. 1.000 Euro pro Monat. In Botswana läuft ein Programm, das in Zusammenarbeit mit Pharmaunternehmen, der Bill & Belinda Gates Foundation und der botswanischen Regierung mittlerweile 60.000 Menschen langfristik mit Medikamenten versorgen konnte. Dieses sogenannte ‚Masa‘-Programm hat schon offensichtliche Erfolge verbuchen können; so ist die Stigmatisierung von HIV-Infizierten deutlich zurückgegangen. Seit 2004 wird zusätzlich jeder Patient, der in einem botswanischen Krankenhaus behandelt wird auf den HI-Virus getestet – neben kostenlosen freiwilligen Tests und kostenlosen Beratungsangeboten.
Allerdings gibt es immer noch gravierende Probleme im Kampf gegen AIDS. Personen, die nicht Staatsbürger von Botswana sind, bleiben von den Hilfen ausgeschlossen, was die Schaffung eines Schwarzmarkes zur Folge haben könnte. Außerdem ist Homosexualität in Boswana immer noch tabuisiert und sogar offiziell verboten – diese Gruppe wird entsprechend nicht in Aufklärungskampagnen einbezogen.
Die hohen AIDS-Infektionsraten in Afrika führen in den zumeist ohnehin schon destabilisierten Ländern zu weiteren politischen und sozialen Wirrnissen. Dies hat auch sicherheitspolitische Auswirkungen, denn wo Chaos herrscht, herrscht Armut und wo Armut herrscht, werden i.d.R. viele Kinder geboren und „Menschen ohne Einkommen, ohne Bildung, ohne Arbeit, kurz: ohne Zukunft, lassen sich erfahrungsgemäß leicht von Fundamentalisten und Demagogen aller Art instrumentalisieren“ (Klingholz 2007:7).


Literatur

Butsch, C. & Sakdapolrak, P. (2010): Geographien von Gesundheit in Schwellen- und Entwicklungsländern. In: Geographische Rundschau, 7-8, S. 12-17.

Classen, T. & Kistemann, T. (2010): Das Konzept der Therapeutischen Landschaften. In: Geographische Rundschau, 7-8, S. 40-46.

Geiselhart, K. & Krüger, F. (2007): Die HIV/AIDS-Krise – Botswanas strategische Antwort als Vorbild? In: Geographische Rundschau, 2/2007, S. 54-61.

Kistemann, T. & Schweikart, J. (2010): Von der Krankheitsökologie zur Geographie der Gesundheit. In: Geographische Rundschau, 7-8, S. 4-10.

Krafft, T., Braun, T. & Kortevoss (2010): Krankenhausversorgung und -wettbewerb. Ein Thema der geographischen Gesundheitsforschung. In: Geographische Rundschau, 7-8, S. 24-31.

Lengen, C. (2010): Geographie der mentalen Gesundheit. In: Geographische Rundschau, 7-8, S. 32-39.

Martens, P. (2002): Health transitions in a globalising world: towards more disease or sustaines health? In: Futures, 34(7), 635-648.

Penchansky, R. & Thomas, J. W. (1981): The Concept of Access. Definition and Relationship to Consumer Satisfaction. In: Medical Care, 19(2), S. 127-140.

Scharlach, H., Scharlach, M. & Dreesman, J. (2010): Globale Seuchen im Wandel der Zeit. Eine Herausforderung auch für die Geographie? In: Geographische Rundschau, 7-8, S. 18-22.

UNAIDS (2009): AIDS epidemic update 2009. Genf: ohne Verlag.

WHO: The World Health Report 2000. Health Systems: Improving Performance. Genf: ohne Verlag.