Hartmanns Iwein



1 Autor und Werk

Die wenigen, fragwürdigen Informationen, die über Hartmann vorliegen, stammen aus seinen überlieferten Werken. Im Vergleich zu anderen Autoren berühmter Werke des Mittelalters ist die Überliefungssituation hinsichtlich der Informationen zum Autor jedoch gut. Hartmann bezeichnet sich selbst als Minesteriale, also als zugehörig zum unfreien Dienstadel. Seine Selbstauskunft, er sei von Ouwe, gab Anlass zu zahlreichen Spekulationen zu seiner Herkunft, die sich jedoch als Schwierig erwiesen. Fasst man diese Spekulationen zusammen, so „grenzen“ sich „die Herkunftsmöglichkeiten wenigstens auf den Südwesten, das Herzogtum Schwaben, ein.“ (Cormeau 1981:500). Vermutlich genoß er eine Schulbildung an einer Klosterschule. Aus seiner

Formulierung und ez an den buochen las ist wohl zu schließen, dass sein Umgang mit Büchern nicht mit dem Schulbesuch endete, sondern dass Lesen weiterhin seine Freizeitbeschäftigung war, dass er also in einer Umgebung lebte und tätig war, wo es Bücher gab (Cramer 2001:155).

Als Vorlage des Werkes diente ihm Chrétien de Troyes‘ Yvain ou Le Chevalier au lion, das er frei aus dem Altfranzösischen übertrug. Hartmanns Gesamtwerk kann um die Wende zum 13. Jahrhundert eingeordnet werden. Wobei Cramer (2001:159) betont, dass man alle „auf Hartmanns Biographie bezogenen Daten [...] bestenfalls als gut geraten bezeichnen [kann].“
Die Berühmte Doppelwegstruktur, die Kuhn (1948) für den Hartmanns Erec annahm, lässt sich auch im Iwein wieder finden. Cramer (2001:164) fasst zusammen:

Beide Romane setzen sich zusammen aus einem Initialteil, der bis zur Heirat des Helden und die danach einbrechende Katasprophe reicht [...], und einen Hauptteil, der die Abenteuer des Helden und seine Reintegration in den Hof und die Gesellschaft schildert.

2 Inhalt

Die Geschichte beginnt mit der Schilderung eines Pfingstfestes am Artushof. König Artus zieht sich während des Festes mit der Königin in eine Kemenate zurück, wo sie einschlafen. Vor der Kemenate sitzen die Ritter Dodines, Gawein, Segremor, Iwein und Kalogrenant. In ihrer Nähe befindet sich auch der als ungezogen geltende Keie. Kalogrenant beginnt den anderen eine Geschichte zu erzählen. Davon wird die Königin wach. Den schlafenden König zurücklassend begibt sie sich zu den Rittern. Nach einer kurzen Auseinandersetzung mit Keie beginnt Kalogrenant seine Geschicte zu erzählen: Vor zehn Jahren sei er in den Wald von Breziljan auf Aventiure geritten und über einen engen und unwegsamen Weg zu einem Schloss gekommen, wo er vom Schlossherrn überfreundlich empfangen worden sei. Beim Essen mit diesem und einer schönen jungen Dame erzählt Kalogrenant, dass er auf Aventiure sei, was den Schlossherrn sehr verwundert. Er bittet Kalogrenant ihm zu versprechen, auf seinem Rückweg nicht mehr bei ihm vorbeizukommen. Am nächsten Tag reitet Kalogrenant weiter in den Wald hinein, bis er schließlich zu einer Lichtung gelangt auf welcher alle ihm bekannten Tiere in einen fürchterlichen Kampf verwickelt sind. Inmitten der Tiere sitzt ein riesenhafter Monstermensch, der Kalogrenant erzählt, dass er der Hüter der Tiere sei. Auch dem Monstermenschen ist das Konzept der Aventiure nicht bekannt. Er erzählt Kalogrenant aber von einer Quelle, neben der eine Linde, eine Kapelle und ein steinerner Sockel mit einem goldenen Becken seien. Wenn er kein Feigling sei, solle er etwas von dem Quellwasser mit dem Becken auf einen Stein gießen, worauf sich Kalogrenant sofort auf den Weg macht.
An der Quelle angekommen, handelt er, wie ihm der Monstermensch geheißen. Daraufhin verdunkelt sich die Sonne, die Vögel, die gerade noch gezwitschert hatten verstummen und es beginnt ein katastrophales Ungewitter, das den umliegenden Wald verwüstet. Nach kurzer Zeit legt sich das Unwetter wieder und ein unbekannter Ritter erscheint, der Kalogrenant anschuldigt, seinen Wald zerstört zu haben weswegen er ihm die Fehde ansagt. Im Kampf zerbricht Kalogrenants Lanze und er verliert sein Pferd. Nach dieser Niederlage, die er als große Schmach empfindet, lässt er seine Rüstung zurück, da er sie zu Fuß nicht tragen kann und geht zurück zur Burg seines Gastgebers, wo er abermals empfangen wird. Nachdem Kalogrenant die Geschichte zu Ende erzählt hat, verspricht Iwein zur Quelle zu reiten und Kalogrenant zu rächen. Kurz darauf erwacht der König und die Königin erzählt, was Kalogrenant berichtet hat. Artus verspricht in 14 Tagen mit dem ganzen Hofstaat zur Quelle zu reiten. Aus Angst davor, dass Gawein den Ruhm versprechenden Kampf gegen den Quellenwächter ausficht, beschließt Iwein vor den anderen zur Quelle zu reiten. Dort angekommen, begießt er den Stein, es kommt wiederum zu einem Unwetter und der Quellenwächter erscheint. Nach längerem Kampf schlägt Iwein diesem eine tödliche Wunde in den Schädel, an der er aber nicht gleich erliegt. Der Wächter flieht daraufhin in seine Burg, wohin Iwein ihm folgt. Dort löst Iwein eine Falle aus, die sein Pferd in zwei Hälften teilt. Danach begegnet er einem weinenden Mädchen, das den Tod ihres Herrn (dem Quellenwächter) beweint und ihm erzählt, dass er sie, als sie in früheren Zeiten am Artushof gewesen sei, als einziger gegrüßt hätte, obwohl es ihr damals an höfischem Benehmen gemangelt hatte. Aus Dankbarkeit hierfür schenkt sie ihm einen Zauberring, der ihm helfen soll, in dem mit Gold überzogenen Schloss zu überleben, denn dessen Bewohner seien schon hinter ihm her. Diese durchsuchen die ganze Burg, geben nach einer Weile jedoch auf, da sie Iwein nicht finden können. Dieser beobachtet die trauernde Königin, die alsbald bemerkt, dass die Wunden ihres toten Ehemanns wieder zu bluten beginnen, was nur geschehe, wenn der Mörder in der Nähe sei (sogenannte Bahrprobe). Daraufhin beginnt die Suche nach Iwein von Neuem. Iwein verliebt sich Hals über Kopf in die Königin. Als seine Helferin dies erfährt, beschließt sie, dass Iwein der neue Burgherr werden soll. Da sie eine gute Freundin der Burgherrin ist, besucht sie diese und erzählt ihr, dass König Artus auf dem Weg zur Quelle sei und sie deshalb dringend einen neuen Mann brauche, der ihre Ehre verteidigt. Geschickt argumentiert sie, dass es zumindest einen Mann gebe, der stärker sei als ihr toter Gatte und dies sei derjenige, der ihn getötet habe. Obwohl die Königin der Idee den Mörder ihres Mannes zu heiraten zunächst ablehnend gegenübersteht, sieht sie bald ein, dass dies die einzige Möglichkeit ist sich gegen Artus’ Heer zu verteidigen. Mit einer List ermöglicht es Iweins Helferin ein Treffen zwischen ihm und der Königin zu arrangieren. Die Königin freut sich zwar auf Iwein, von dem sie schon viel gehört hat, doch empfängt sie ihn zunächst ablehend, gesteht ihm dann jedoch ihre Liebe. Es stellt sich heraus, dass der Ritter, den Iwein erschlagen hatte Askalon hieß und die Königin Laudine. Diese lässt die Edelsten des Landes versammelt, die einer Hochzeit zustimmen, die sofort vollzogen wird.
Während an Laudines Hof gefeiert wird, beginnen am Artushof die Reisevorbereitungen. Als Herr Keie bemerkt, dass Iwein fehlt, beginnt er lauthals über dessen Feigheit zu lästern. Er rühmt sich damit, dass er es sein werde, der Kalogrenant rächen werde und sie reiten zur Quelle, wo Artus das Unwetter durch Begießen des Steines auslöst. Daraufhin reitet Iwein los. Es kommt zum Kampf zwischen Iwein und Keie, der vom Pferd gestoßen wird. Danach gibt sich Iwein zu erkennen und alle freuen sich. Schließlich lädt Iwein alle zum Essen in seine neue Burg ein. Gawein bedankt sich bei Iweins Helferin, die, wie sich herausstellt Lunete heißt. Danach nimmt Gawein Iwein zur Seite und gemahnt ihn, sich nicht an Laudines Hof zu ‚verliegen‘, sondern mit ihm und den anderen auf Turniere zu gehen. Weiterhin berichtet er ihm von seinen Geldsorgen. Nach dem Gespräch bittet Iwein Laudine um Erlaubnis für ein Jahr vortreiten zu dürfen. Ungeschickterweise sagt Laudine zu Iwein, dass er ihm jede Bitte gewähre, noch bevor dieser sein Anliegen vorträgt. Als dies geschehen ist, ärgert sich Laudine und vermittelt Iwein deutlich, dass er nach Ablauf der Jahresfrist wieder da sein muss. Schließlich gibt sie ihm einen Ring, der ihm Glück bringen soll. Darauf folgt ein Zwiegespräch zwischen Hartmann und Frau Minne in dem sie den Autor/Erzähler davon überzeugt, dass Laudine und Iwein ihre Herzen tauschen. Im weiteren Verlauf wird nur kurz beschrieben, dass sie erfolgreich auf Turnieren sind und die Jahresfrist verstreicht. Deutlich wird dargestellt, wie Iwein seinem bestem Freund Gawein folgt und er ihm dadurch zum Verhängnis wird. Sie schlagen ihre Zelte vor dem Schloss König Artus’ auf, wo Iwein eine starke Sehnsucht nach seiner Frau ergreift. Eine Botin Lunetes erbietet Artus die Ehrerbietung ihrer Herrin und lässt alle Ritter aus Iwein grüßen, den sie aufgrund der versäumten Frist als Verräter bezeichnet, dessen Worte von seinem Handeln abweichen. Sie fordert von Iwein den Ring zurück, woraufhin Iwein sich unbemerkt davonmacht und dem Wahnsinn anheim fällt. Während Artus nach Iwein sucht, um ihn zu trösten läuft jener im Unverstand durch den Wald und überlebt nur, weil er mit Pfeil und Bogen ausgestattet ist, die er einem Knappen abgenommen hat. Eines Tages begegnet er dort auf einer Rodung einen Mann, der aus Angst vor dem verrückten Ritter davonläuft und sich in seine Hütte einschließt. Als Iwein vor seiner Tür erscheint, wirft er ihm etwas Brot hinaus, um ihn zu besänftigen. Zwei Tage später bringt Iwein dem Mann ein Stück Wild, woraufhin dieser – weniger ängstlich als zuvor – ihn wiederum mit Wasser und Brot versorgt. So vergeht die Zeit und Iwein versorgt den Mann mit Wild, sodass sie beide schließlich vom Fellverkauf leben können. Iwein allerdings verwandelt sich langsam in einen dunkelhäutigen Wilden. Als er am Wegesrand einschläft, finden ihn drei Damen. An einer Narbe erkennen sie Iwein, von dessen Verschwinden schon alle Welt redet. Sie vermuten, dass er entweder vergiftet worden sei oder sein Verstand von der Minne verwirrt worden sei. Eine der Damen hat Probleme mit einem gewissen Graf Aliers und so überlegen sie, dass Iwein ihr in dieser Hinsicht helfen könne. Mithilfe einer Dose Zaubersalbe der Feimorgen beschließen sie Iwein zu heilen. Das Mädchen, das beauftragt wird ihn einzucremen, verwendet jedoch nicht wie angewiesen nur einen Teil der Salbe für seinen Kopf, sondern nimmt vielmehr den ganzen Inhalt der Dose und cremt ihn von Kopf bis Fuß ein. Nachdem sie so getan legt sie dem Schlafenden noch kostbare Kleider an die Seite und versteckt sich. Als Iwein erwacht und seinen struppigen Körper sieht, glaubt er, dass sein Leben als Ritter nur ein Traum gewesen sei. Er beschließt sich eine Rüstung zu suchen und Ehre zu erwerben. Die Kleider die er neben sich findet, zieht er sogleich an, da sie niemandem zu gehören scheinen und sie kleiden ihn wie einen Ritter. Das Mädchen reitet an ihm vorbei, als wüsste sie nicht wie er sei und Iwein ruft ihr hinterher, er solle ihr helfen, dann werde er auch ihr zu Diensten stehen. Das Mädchen führt ihn zu ihrer Herrin, die ihn sogleich bewirtet und ihn mit einer Rüstung und einem Pferd ausstattet. Schließlich sieht Iwein wieder vollkommen aus wie ein Ritter. Als Graf Aliers mit seinem Heer angreift und die Schlacht schon verloren scheint, kämpft Iwein so vortrefflich, dass sich das Blatt wendet und Aliers schließlich gefangen werden kann. Als Herr Iwein der Dame (ihr Name lautet ab dort Dame von Narison) den Gefangenen überbringt, will diese ihn sogleich heiraten. Iwein beschließt jedoch den Hof zu verlassen und begegnet einem Drachen und einem Löwen, die miteinander kämpfen. Nach kurzem Überlegen entschließt er sich dem edleren der beiden Tiere zu helfen und tötet den Drachen. Entgegen seiner Befürchtung, der Löwe werden ihn angreifen, zeigt dieser sich dankbar. Von diesem Moment an folgt ihm der Löwe, steht ihm in jeder Gefahrenlage bei und versorgt ihn mit Nahrung. Nachdem sie so vierzehn Tage unterwegs sind, gelangen sie zufällig zu Laudines Quelle. Iwein beginnt sich nun seines früheren Lebens vollends bewusst zu werden und droht wieder wahnsinnig zu werden. Dabei fällt er vom Pferd und verletzt sich schwer an seinem Schwert. Da der Löwe glaubt, er sei tot, will sich dieser entleiben, doch wird er durch ein Lebenszeichen Iweins davon abgehalten. Iwein beginnt laut sein Elend zu klagen, was ein Mädchen hört, das in der Kapelle eingesperrt ist und auf die Vollstreckung ihres Todesurteils wartet. Sie erzählt, dass sie verbrannt oder gehängt werden soll, weil sie ihrer Herrin zu einer Hochzeit geraten habe und der Ehemann die Gattin ins Unglück gestürzt habe. Der Truchseß und seine zwei Brüder hätten sie angeklagt, woraufhin sie eine Frist gesetzt bekam, in der sie einen Ritter finden sollte, der es mit den Anklägern aufnehmen könnte. Da ihr nur zwei Ritter einfielen – Iwein und Gawein –, die dafür in Frage kämen, hätte sie sich auf die Suche gemacht, aber keinen der beiden gefunden. Nun versteht Iwein, wer in der Kapelle ist und gibt sich Lunete zu erkennen. Er beschließt, gegen die drei Ritter zu kämpfen und sich anschließend vor den Augen Laudines umzubringen. Lunete erzählt, dass sie Gawein am Artushof nicht vorfinden konnte, da die Königin entführt worden sei und Gawein dem Entführer nachgeritten sei. Dies bereitet Iwein große Sorge. Er verspricht, ihr am nächsten Tag zu helfen und will sich zurückziehen, Lunete erklärt ihm jedoch, dass sein Leben mehr wert sei als ihres und er nicht kämpfen solle, doch Iwein lässt sich nicht abringen und reitet davon.
Er gerät an eine Burg, deren Vorburg verbrannt ist. Der Burgherr empfängt ihn freundlich, die Fröhlichkeit der Burgbewohner wandelt sich jedoch alsbald in Trübsal und Iwein wird erzählt, dass ein Riese im Umland sein Unwesen treibe und die Tochter des Burg-herren begehre. Von dessen sechs Söhnen habe er zwei getötet, die anderen entführt. Der Riese namens Harpin werde am darauffolgenden Tag auch die anderen Töten, wenn er die Tochter (Gaweins Schwester, wie sich herausstellt) nicht zur Frau bekomme. Als Iwein fragt, warum niemand am Artushof um Hilfe gebeten habe, erfährt er, dass erstens der gesuchte Helfer am Artushof nicht anzutreffen gewesen sei und zweitens Artus selbst genügend Sorgen habe. Ein Ritter sei zu ihm gekommen und hätte gebeten, ihm möge ein Wunsch erfüllt werden. Artus habe sofort eingewilligt, ihm keine Bitte abzuschlagen, woraufhin der Fremde darum bittet die Frau König Artus’ mitnehmen zu können. Da der König bereits versprochen hat, alles zu tun, wonach er gefragt wird, muss er der Bitte nachgeben (dieses Motiv nennt sich – nebenbei bemerkt – rash boon). Keiner der Ritter am Artushof hätte es mit dem Fremden aufnehmen können, berichtet der Burgherr weiter. Daraufhin verspricht Iwein, dass er am folgenden Morgen den Riesen bekämpfen wolle, er jedoch um die Mittagszeit wieder weg müsse. Am folgenden Tag lässt der Riese auf sich warten und Iwein droht schon aufzubrechen, als der Riese doch noch auftaucht. Mit ihm kommt ein Zwerg, der die vier armselig anmutenden Brüder mit einer Peitsche vor sich her treibt. Iwein und sein Löwe töten den Riesen daraufhin im Kampf und Iwein macht sich auf den Weg zur Quelle. Dort angekommen liegt Lunete schon auf dem Scheiterhaufen. Als Iwein den Truchseß und seine Brüder zum Kampf auffordert, verlangen diese, dass der Löwe beiseite gehe. Diesem Wunsch wird nachgekommen und der Löwe darf nicht am Kampf teilnehmen. Nach einem harten Kampf, der für Iwein fast verloren scheint, mischt sich der Löwe jedoch wieder in den Kampf ein, so dass der Truchseß noch im Kampf fällt und die Brüder bezwungen werden. Nachdem Frau Lunete vom Scheiterhaufen befreit wird, werden die Brüder verbrannt. Laudine vergibt Lunete, da sie nun ihre Unschuld anerkennt. Laudine bittet Iwein – den sie immer noch nicht erkannt hat – zu bleiben, schließlich seien er und der Löwe verwundet. Iwein lehnt ab und erzählt ihr, dass er die Gunst seiner Herrin zurückerobern möchte. Auf die Frage hin, wie er heiße antwortet Iwein mit dem Phraseonym ‚der Ritter mit dem Löwen‘.
Laudine zurücklassend, macht er sich auf den Weg. Den Löwen muss er auf seinem Schild transportieren, da er schwer verwundet ist. Schließlich gelangt er an eine Burg, wo er standesgemäß empfangen wird und sich 14 Tage ausruht. Zur selben Zeit stirbt ein Graf, den man den Grafen vom Schwarzen Dorn nennt. Um sein Erbe ensteht ein Streit unter seinen beiden Töchtern. Die ältere der beiden will der jüngeren ihr Erbe wegnehmen. Daher entschließt sich letztere am Hof von König Artus um Hilfe zu bitten, was sie ihrer Schwester sogleich erzählt. Die Ältere macht sich daher sofort auf und gelangt vor der Jüngeren an den Artushof und gewinnt sogleich Gawein für sich. Dieser bittet sie, niemandem zu erzählen, dass er ihr helfen will. Zu Gawein, aber auch zur Königin, die mittlerweile wieder an den Hof zurückgekehrt ist, ist die Kunde von den Taten des Ritters mit dem Löwen gedrungen. Besonders Gawein ist ihm sehr dankbar für die Rettung seiner Schwester. Als die Jüngere eintrifft, findet sie niemanden mehr, der Zeit hat, sich um ihre Angelegenheiten zu kümmern. König Artus setzt sich dafür ein, dass sie sechs Wochen Zeit bekommt, sich einen Kämpfer zu suchen. Also macht sie sich auf, den Ritter mit dem Löwen zu suchen, der ihr die einzige Hoffnung erscheint. Auf dem Weg erkrankt sie und wird von einem Verwandten aufgenommen, der seine eigene Tochter losschickt, um den Löwenritter zu suchen. Auf ihrer Suche gerät sie zu dem Burgherrn, dem Iwein mit dem Riesen Harpin geholfen hatte. Dieser zeigt ihr den Weg, den Iwein alias der Ritter mit dem Löwen genommen hatte. Auf diesem gelangt das Mädchen zur Quelle. Dort weist ihr Lunete den weiteren Weg, der sie schließlich zu der Burg führt, wo Iwein und der Löwe (vollständig) gesund gepflegt wurden. Dort wird sie auf seine Fußspuren verwiesen, die sie zu ihm führen. Iwein willigt sofort ein, ihr bzw. ihrer Verwandten zu helfen. Auf ihrem Weg kommen sie an eine Burg, wo sie von verschiedenen Personen gewarnt werden, hineinzureiten. Da sie aber rasten müssen, gehen sie dennoch hinein. Der Burgwächter erklärt ihnen, dass sie willkommen sind, jedoch nicht wieder lebend hinaus gelangen werden. Im Burghof sehen sie 300 Frauen die unter fürchterlichen Bedingungen Sklavenarbeit leisten (sie weben). Die Frauen erzählen ihm, dass sie von einem Land namens Jungfraueninsel kommen und ihr Herr in jugendlichem Leichtsinn gegen die Herren der Burg kämpfen musste. Da diese übermächtige Teufelsritter seien, habe er kampflos aufgegeben. Seit diesem Tage muss er jährlich 300 Jungfrauen an die Herren abgeben. Sie erklären ihm, dass auch er am darauffolgenden Tage gegen die beiden Teufelsritter kämpfen müsse. Iwein und das Mädchen beginnen sich in der Burg umzusehen und gelangen in einen Park, wo sie auf einen alten Ritter und seine Frau treffen, denen auf französisch von ihrer Tochter vorgelesen wird. Sie werden herzlich empfangen, zum Essen eingeladen und ihnen wird eine angemessene Übernachtung gewährt. Am nächsten Tag erklärt der alte Ritter, bei dem es sich um den Burgherren handelt, dass Iwein gegen die zwei Teufelsritter (Riesen) kämpfen müsse und falls er gewinne, seine Tochter zur Frau bekäme. Als es zum Kampf kommen soll, verlangen die Riesen, dass man den Löwe wegsperre. Dem wird nachgekommen und Iwein verliert zu Beginn des Kampfes seine Rüstung und seinen Schild. Als der Löwe Iwein in Bedrängnis sieht, befreit er sich aus seinem Verschlag und kommt seinem Herrn zu Hilfe. Gemeinsam besiegen sie die Riesen. Iwein schlägt daraufhin die Hochzeit mit der Tochter aus und erwirkt die Freilassung der Sklavinnen. Nach sieben Tagen reisen Iwein und das Mädchen ab. Sie holen die jüngere Schwester ab und reiten – den Löwen in einem Verschlag eingeschlossen zurücklassend – zum Artushof, wo alles für den Kampf vorbereitet ist. Nur Gawein hält sich noch versteckt. Es kommt zu einem langandauernden und schweren Kampf zwischen Iwein und Gawein, die sich gegenseitig nicht erkennen. Da ihre Kräfte gleich verteilt sind, kann keiner den anderen besiegen. Endlich bittet Artus die zwei Schwestern ihren Streit beizulegen, da er hofft, den Kampf so beenden zu können und keiner der vortrefflichen Ritter zu Schaden kommt. Die Ältere lehnt brüsk ab, die Jüngere gibt jedoch nach und will auf ihr Erbe verzichten, um die Männer zu schützen. Als die Nacht dem Kampf ein Ende setzt, beginnen sich die beiden Ritter zu unterhalten. Erst, als sie sich gegenseitig ihre Namen nennen, erkennen sie sich. Die weitere Rechtssprechung wird König Artus überlassen und die jüngere Schwester kommt zu ihrem Erbe. In der Zwischenzeit hat sich der Löwe aus seinem Gefängnis befreit und alle erkennen, dass Iwein und der Ritter mit dem Löwen ein und dieselbe Person sind. In seinem Krankenlager macht sich Iwein Gedanken darüber, wie er Laudine zurückerorbern könne. Als er wieder gesund ist, beschließt er sie mit Gewalt zurückzuerorbern. Heimlich reitet er mit dem Löwen davon und begießt abermals den Stein an der Quelle. Das folgende Unwetter ist so gewaltig, dass sich die Bewohner der Laudine-Burg wünschen an einem anderen Ort zu leben. Lunete und Laudine unterhalten sich daraufhin. Laudine verspricht Lunete, dass sie, wenn sie den Ritter mit dem Löwen trifft, bereit ist, ihm zu helfen, die Gunst seiner Herrin wiederzuerlangen. Daraufhin macht sich Lunete auf Iwein zu suchen und findet ihn alsbald in der Nähe der Quelle. Als sie Laudine eröffnen, dass der Ritter mit dem Löwen Iwein ist, muss sie ihr Versprechen halten und von ihrem Zorn ablassen.

3 Die Schuldfrage

Die Frage nach Iweins Schuld ist in der Literatur ausführlich behandelt worden. Dabei standen zwei zentrale Schuldmotive im Vordergrund. Iweins Terminverfehlung gegenüber Laudine und der Mord an Askalon. Während sich Erec verligt, macht sich Iwein auf ins Abenteuer, verpasst jedoch die von seiner Gattin gesetzte Frist. Bei der Tötung von Askalon sticht ins Auge, dass sich mit der Verfolgung des Grafen Aliers einige Parallelen ergeben. Wie ersteren, so verfolgt Iwein auch Aliers bis zu seiner Burg. Töten ihn jedoch dann eben nicht, sondern nimmt ihn gefangen (vgl. Cramer 2001:163). Jedoch stellt auch schon das Begießen der Quelle einen Akt dar, von dem Iwein (durch Kalogrenants Erzählung) weiß, dass es sich um einen unrechtmäßigen Eingriff handelt.

4 Literatur